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Archiv-Artikel

nato-krise Ohne Dialog keine Harmonie

Der Disput zwischen den USA einerseits und ihren bislang kriegsrenitenten Partnern Deutschland, Frankreich und Belgien andererseits verursacht überall großes Aufheulen. Plötzlich ist auch die Nato, die bislang so umarmend einig schien, in wildes Gezänk verfallen. In den beteiligten Hauptstädten und erst recht am Sitz der Nato in Brüssel versuchen die Analysten herauszufinden, was passiert ist und wie es weitergehen soll.

Kommentarvon BERND PICKERT

Dabei würde es schon helfen, die veränderten Rahmenbedingungen für die Nato zur Kenntnis zu nehmen. Der Ost-West-Konflikt ließ nur eine Wahl – eben die zwischen Ost und West. In beiden Lagern bedurfte es keines besonderen Druckes, die strategischen Vorgaben der Führungsmacht umzusetzen. Mit dem Zerfall des einen und der Vergrößerung des anderen Militärbündnisses hat sich das geändert.

Seit der Bombardierung Jugoslawiens durch Nato-Einheiten, die nicht von den Vereinten Nationen mandatiert waren, war klar zu erkennen, dass das Bündnis unter Führung der USA eine neue Rolle in der Welt einzunehmen gedachte. Es verstand sich nun als eingreifendes Bündnis, das seine Ziele auch weit über Abschreckung und Eindämmung hinaus militärisch durchsetzt. Anders als früher wurden die Nato-internen Debatten um eine solche Militärpolitik viel offener geführt als zu den Zeiten des blockgebundenen Wettrüstens.

Nach dem 11. September ließ sich US-Präsident George W. Bush von der Nato militärischen Beistand zusichern, ohne diesen jedoch abzurufen. Im „Krieg gegen den Terror“ erklärte Bush, wer nicht für die USA sei, sei gegen sie. Sodann verkündete er seine neue Doktrin der präventiven Schläge gegen mutmaßliche Schurkenstaaten. Das Ergebnis: Die Nato, inzwischen an Diskussionen und Konsultationen gewöhnt, ist plötzlich mit dem gleichen US-Hegemonialanspruch konfrontiert wie vor 1989. Dies musste an irgendeinem Punkt zum Konflikt führen. Aus Anlass des drohenden Irakkriegs ist er jetzt ausgebrochen.

Viel zu viele europäische Regierungen sehen ein unterwürfiges Verhältnis zu Washington als bereits hinreichendes sicherheitspolitisches Engagement an. Die USA wissen das und fordern solche Situationen ein ums andere Mal heraus. Es ist ärgerlich, dass nur Deutschland, Belgien und Frankreich jetzt widersprochen haben. Sicherlich hat sich die Bundesregierung – unter großem Druck – dabei nicht sehr geschickt angestellt. Falsch wird der Widerspruch deshalb nicht.