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Archiv-Artikel

müllskandalprozess Unvermögen

Wie sehr die Staatsanwaltschaft im Müllskandalprozess doch dem 1. FC Köln ähnelt. Auch das Geißbock-Team schien zu Beginn der Saison gut aufgestellt zu sein. Dann vergeigte es alles. Jetzt geht es nur noch darum, sich mit Anstand aus der Klasse zu verabschieden. Auch der gestrige Aufritt der Kölner Ankläger war nicht mehr als ein Spiel auf verlorenem Posten.

Kommentar von Pascal Beucker

Dass der Kölner Müllskandalprozess einem unbefriedigenden Ende entgegen geht, ist sicher nicht nur der Staatsanwaltschaft anzulasten – er stand von Anfang an unter keinem guten Stern, nachdem die Verfahren gegen Müllmogul Hellmut Trienekens und den umtriebigen früheren SPD-Strippenzieher Karl Wienand gesundheitsbedingt abgetrennt werden mussten.

Damit fehlten zwei zentrale Figuren des rheinischen Schmiergeldkartells auf der Anklagebank. Zudem waren etliche wichtige Zeugen entweder nicht greifbar oder konnten sich wegen eigener Ermittlungsverfahren auf ihr Aussageverweigerungsrecht berufen. Hinzu kam die schon vor Prozessbeginn bekundete Ablehnung der „Amtsträgereigenschaft“ Ulrich Eisermanns durch das Gericht.

Aber: Das drohende Desaster ist eben auch nicht unmaßgeblich selbstverschuldet. Und das nicht erst seit der „Aktenpanne“ der Anklagebehörde. Die Fehler begannen schon mit der Anklage gegen Norbert Rüther. Natürlich war es schlagzeilenträchtig, den einst führenden Kölner SPD-Politiker monatelang in Untersuchungshaft zu stecken und danach vor den Kadi zu zerren.

Nur auf welcher Grundlage? Auch in der Hauptverhandlung hat sich dies nicht erschlossen. Für ihre Annahme, Rüther hätte tatsächlich eine Million Euro aus dem MVA-Schmiergeldtopf kassiert, können die Ermittler auch nach über 40 Verhandlungstagen nicht mehr vorweisen als die mehr als zweifelhafte Aussage Eisermanns. Trotzdem plädierte die Staatsanwaltschaft gestern für eine Haftstrafe.

Bis heute ist es der Anklagebehörde nicht gelungen, Rüther für das zur Verantwortung zu ziehen, was er selbst zugab: das Abkassieren der „Danke-Schön-Spenden“ für die SPD, die nicht Bestandteil des Verfahrens waren. Vieles spricht dafür, dass es nie zum Prozess kommen wird.

Das jedoch ist ein Skandal. Denn das über Jahrzehnte von Unternehmen an die Genossen gezahlte Schwarzgeld weist darauf hin, dass nicht nur bei der MVA systematisch geschmiert wurde. Die Kölner Bürgerinnen verdienen hier Aufklärung. Es ist allerdings rechtsstaatlich nicht hinzunehmen, wenn stattdessen Rüther nun für etwas verurteilt werden soll, für das es keine Beweise, nicht einmal handfeste Indizien gibt.

„Wir galten in der Bundesrepublik als führende Staatsanwaltschaft zur Bekämpfung der Korruption“, grantelte in der vergangenen Woche Oberstaatsanwalt Norbert Krakau. Inzwischen aber „sind wir der letzte Dreck“. Verantwortlich für diesen Imageverlust machen die Ermittler andere: das Gericht und natürlich die Medien. Nur eigenes Unvermögen wollen sie nicht eingestehen. Das genau ist ihr Fehler.