morgen fällt das urteil im „raserprozess“ : War er’s wirklich?
Im Karlsruher „Autobahnraser“-Prozess hat die Staatsanwaltschaft gestern für den angeklagten DaimlerChrysler-Versuchsingenieur 21 Monate ohne Bewährung gefordert.
Dieser Prozess ist nicht zum Tribunal gegen die Raserei auf deutschen Autobahnen geworden. Und dennoch, oder vielleicht genau deshalb, warten Zuschauer und Medien gebannt auf seinen Ausgang. Gestern war um 7.35 Uhr alles voll, fünf Minuten nach Öffnung der Gerichtstüren.
Zu Beginn waren die Fronten klar. Die einen wollten dabei sein, wenn ein Exempel statuiert wird gegen den „Krieg auf der Autobahn“, gegen die rücksichtslosen Drängler, die alle mit weniger PS unter der Haube verachten und terrorisieren. Die anderen zeigten eher ihre Solidarität mit dem angeklagten DaimlerChrysler-Testfahrer.
Sehr schnell rückte allerdings eine andere Frage in den Vordergrund: „War er’s überhaupt?“ Hat tatsächlich der Angeklagte Rolf F. (34) am Morgen des 14. Juli vorigen Jahres die vor ihm fahrende Jasmin A. (21) so bedrängt, dass sie die Kontrolle über ihren Kleinwagen verlor und in ein Wäldchen raste? Hat tatsächlich der hagere Mann im schlecht sitzenden Anzug, der sich vor Gericht im gepflegten Schwäbisch seine Verteidigungslinie genau zurechtgelegt hat, den Tod der Frau und ihrer zweijährigen Tochter Rebecca verursacht? Der Raser-Prozess ist zum normalen Kriminalfall geworden. Jetzt wird vor allem über die Aussagekraft von Indizien gestritten. So war am selben Morgen auf der gleichen Strecke ein Kollege F.s unterwegs, mit einem ähnlichen Fahrzeug, aber anderer Scheinwerferanlage. Ein Zeuge hat im Rückspiegel auseinander stehende Lichter gesehen, das deutet auf Rolf F.s CL-Coupé hin.
Doch wie verlässlich ist der Zeuge? Das Urteil wird morgen gesprochen. Und einige Monate später gibt’s die Berufungsverhandlung. CHRISTIAN RATH