montagskolumne: meinhard rohr zur lage der nation im spiegel seines wissens :
„Wir sind die Nummer eins“, erklärte Gerhard Schröder, der Bundeskanzler, Regierungschef und erste Mann im Staate vor ein paar Tagen in New York. Man habe die USA als Exportweltmeister abgelöst, triumphierte der Kanzler im Waldorf Astoria. Das ist selbstbewusst, selbstgewiss und selbstsicher. Damit erkläre ich mich uneingeschränkt solidarisch. Gerade wir als Deutsche müssen uns bei der Identitätssuche wieder auf Werte verlassen, die uns hart wie Kruppstahl, flink wie … – äh, pardon, das war nur ein Fehler, ein Fehlverhalten, ein Fauxpas. Geben Sie mir bitte eine zweite Chance. Schon 1968, als ich leider noch zu den Linken gehörte, musste ich mich nach einem gravierenden Fehler neu bewähren. In einem Seminar bei Professor Habermaus ordnete ich ein Adorno-Zitat einer falschen Quelle zu. Habermaus übersah den Fehlgriff gütig wie ein alter Elefant und stupste mich mit seinem Rüssel sanft in die richtige Richtung. Ich nutzte meine zweite Chance. Heute bin ich Weltmeister im Zitieren. Wie der Kanzler.
Diese Kolumne erscheint in loser, aber leider häufiger Folge.