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meinungsstark

Kann denn Glück auch Sünde sein?

„Good Vibes Only! Es werden wieder Vorsätze fürs neue Jahr gefasst. Alles soll leichter, optimistischer, besser werden. Kaum ein Mantra ist in kapitalistischen Gesellschaften so allgegenwärtig, so beschallend und dennoch so wenig hinterfragt wie das des Glücks“, taz vom 29. 12. 21

Es ist fast schon gruselig. Alle geben sich friedlich, optimistisch und überhäufen jeden erdenklichen Bekannten mit der kompletten Palette aus Wünschen: Liebe, Glück, Gesundheit, Freude, Erfüllung, Erfolg. Würden sich all diese Wünsche erfüllen, käme ich keine Sekunde zum Atmen, erdrückt von unzähligen glücklichen Momenten … Das mag undankbar klingen. Ja, ich schäme mich ein wenig. Genau so lange, bis mich die Wut überkommt. Sind diese Wünsche nicht längst überholt? Sollten wir uns nicht vielmehr Energie, Kraft und Willen wünschen, Dinge anzugehen, die angegangen werden müssen? Sollten wir uns nicht wünschen, Revolutionäre zu sein? Oder Visionäre? Ungerechtigkeiten in unserer Welt zu bekämpfen? Überschütten wir unsere Freundinnen lieber mit Glück und Freude bei ihren unterbezahlten Jobs und machen es uns stattdessen in unserer Lethargie gemütlich. Im besten Fall fassen wir noch einige Vorsätze mit dem Fokus auf Selbst­optimierung. Natürlich sollten wir auch auf uns schauen, aber wie viel besser geht es uns als unserem Planeten?! Jeden erdenkbaren Komfort haben wir uns gegönnt. Nur, wie lange geht das noch? Ist das neue Jahr nicht die richtige Zeit für den frischen Mut, den Revolutionäre brauchen? Für einen Schritt vorwärts und Vorsätze, die sich mal nicht um uns drehen?

Viel Glück, 2022! Jasmin Hoeld, Zollikon

Fake News im Beichtstuhl

„Zorn war meine liebste Sünde“, taz vom 31. 12. 21Danke für den feinen Artikel! Ich bin evangelische Norddeutsche, aber von katholisch erzogenen Freundinnen habe ich bereits zwei Mal ähnliche Berichte über das Beichten gehört. Eine „Sündenliste“, von der sich die Mädchen etwas herauspickten, um damit den Pfarrer zu „füttern“.

Eine der beiden Freundinnen berichtete, dass sie mit ihren zahlreichen Geschwistern jeden Sonntag verhandelte, wer welche (erfundene) Sünde beichten durfte, damit nicht mehrere aus der Familie sich versehentlich desselben Vergehens bezichtigten. Frohes Neujahr! Charlotte Fondraz, Bremen

Neues Jahr, nicht nur auf dem Papier

„Reichweite, Schlagkraft und Bedeutung – auch 2022“,

taz vom 31. 12. 21

Mit Freude und Erleichterung habe ich gelesen, dass die Papiertaz 2022 erhalten bleibt.

Mit der Zeitung in der Hand weitet sich der Blick, nicht nur auf die Seiten. E-Paper nur im Notfall. Danke!

Gerrit Zemlin, Hamburg

Und was macht die Kunst?

„Corona und die Folgen: Die Kunst macht ihren Job nicht“, taz vom 24. 12. 21

Genial und überfällig ist dieser Text von Anne Haeming. Kunst ist ein Spiegel der Zeit oder gar ihrer Zeit voraus – was wurde in alten Filmen geraucht und Auto gefahren – und was für Modelle! Sollen die Jahre 2020 bis 2022 in der Kunst gar nicht vorkommen? Soll die Christbaumkugel mit dem maskentragenden Weihnachtsmanngesicht das Einzige bleiben? Auch die gehört ins Haus der Geschichte.

Wo sind die Tatorte mit Maske auf, Maske ab? Wo ist der „Notruf Hafenkante“ mit all den Besonderheiten einer Großstadt – und einer unter Coronabelastung zusammenbrechenden Ärztin? Soll es das alles nie gegeben haben – die erste bis fünfte Welle? Traut euch doch mal beim Drehbuchschreiben, Beziehungen, Gespräche, Freundschaften, das gesellschaftliche Leben bis 2024 zu denken. Es mag ja anders kommen, aber Kunst ist Fiktion. Was auf keinen Fall kommt, ist ein neues 1990 oder 2010. Wo bleibt in der Kunst die Realität zwischen Dystopie und Nostalgie? Das wären doch ein paar gute Vorsätze fürs neue Jahr. Walter Staufer, Bonn

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