meinungsstark:
Das Ende der Geschichtsfälschung
„Überfall auf die Sowjetunion 1941: Das Sowjetische Ehrenmal in Berlin-Treptow ist Soldatenfriedhof und Gedenkstätte zugleich. Was sagt es einem Jugendlichen heute?“,
taz vom 21. 6. 21
Der faschistische Überfall auf die Sowjetunion jährt sich zum 80. Mal. Hierzu berichtete mir mein Vater kurz vor seinem Tod, mit welcher Hinterhältigkeit die NS-Propaganda auch gegenüber den eigenen Leuten, darunter meinem damals 19-jährigen Vater, dieses Verbrechen vorbereitet hatte: Zumindest die einfachen Soldaten waren aus Geheimhaltungsgründen nicht auf einen Krieg gegen die Sowjetunion vorbereitet worden. Ihnen wurde gesagt, sie marschierten jetzt zum Kaukasus und dann weiter bis zu den irakischen Ölquellen – mit Zustimmung der sowjetischen Regierung. Erst bei beginnender Gegenwehr wurde ihnen der tatsächliche Sachverhalt klar. Die Division drang im Rahmen der 17. Armee der Heeresgruppe Süd auf ukrainisches Territorium vor und besetzte als erstes Angriffsziel Magierów. Dies wurde dadurch erleichtert, dass die Panzer der Gegenseite nur über Übungsmunition verfügten und somit, unvorbereitet, leicht „ausgeschaltet“ werden konnten – im Wehrmachtsbericht wurde trotzdem von der „heldenhaften Panzerschlacht von Magierów“ gesprochen. Mein Vater war dabei, als sie die Leichen der verbrannten Rotarmisten aus ihren Panzern zogen.
Ähnlich steht es, auf mein Betreiben, inzwischen auch bei Wikipedia – bis dahin glich der dortige Beitrag über die „97. Jägerdivision“, der mein Vater bis zu seiner schweren Verwundung im Oktober 1941 angehörte, einem Propagandabericht der NS-Geschichtsfälschung. Ernst Soldan, Norderstedt.
Reichsbürger schon im Reichstag?
„Auch die Herzkammer ist nicht immun“, taz vom 21. 6. 21
Die in den letzten Monaten bekannt gewordenen Fälle von rechtsextremen Polizist:innen in verschiedenen Einheiten können die Bürger:innen ziemlich beunruhigen. Seltsamerweise ist in dieser Hinsicht von Bundesinnenminister Horst Seehofer kaum etwas zu hören. Nun ist es sicher zunehmend schwierig, rechtsextremes Gedankengut in den Polizeieinheiten aufzuspüren, da sich besonders unter den Kamerad:innen ein eisernes Gesetz herausgebildet hat: Es dürfen keine Auffälligkeiten nach außen dringen. Wer sich nicht daran hält, wird schnell als „Kameradenschwein“ oder „Verräter:in“ beschimpft und mehr oder weniger aus der Gemeinschaft ausgeschlossen. In diese Gemeinschaft sehen sich auch die Vorgesetzten eingebunden. Bei der Bundestagspolizei besteht natürlich eine weit größere Gefahr, wenn in deren Reihen auch „Reichsbürger:innen“ zu finden sind, die ja, wie aus Verlautbarungen bekannt wurde, auf einen „Tag X“ hinarbeiten. Im Reichstagsgebäude wären sie womöglich ziemlich schnell an der richtigen Adresse. Helga Schneider-Ludorff, Oberursel
So eine penibel recherchierte Geschichte würde ich mir in einigen österreichischen Medien auch wünschen. Gratulation!
Werner Schneider, Allerheiligen bei Wildon
Linkspartei und Grundeinkommen?
„Wer braucht diese Partei?“, taz vom 19./20. 6. 21
Welche Klientel vertritt die Linkspartei? Die „antirassistischen, woken Aktivistinnen in Berlin-Kreuzberg“? Oder „die Krankenpflegerin und den Malocher in der Provinz“? Warum wird dieser Gegensatz überhaupt aufgemacht? Mittelfristig werden beide Gruppen von Künstlicher Intelligenz (KI) und Digitalisierung betroffen sein: Manche Studien gehen davon aus, dass in den am meisten entwickelten Staaten bis zu 47 Prozent aller Jobs verlorengehen. Bei der Linkspartei gibt es Vorbehalte gegen das Grundeinkommen, die sicher damit zusammenhängen, dass vor allem die Arbeit als Lebenssinn begriffen wird. Mit einem „Ja“ und offensiver, argumentativer Werbung für ein bedingungsloses Grundeinkommen könnten sicher Wähler gehalten und neue gewonnen werden. Es ist verwunderlich, dass die Gefahren, aber auch die Chancen der KI-Entwicklung für die Berufswelt und unsere Demokratie im Wahlkampf keinerlei Rolle spielen. Lutz Engelmann, Berlin
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