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meinungsstark

Köthen ist kein zweites Chemnitz

„Auf Köthens Straßen“, taz vom 11. 9. 18

Ich, ein 20-jähriger Köthener, ertrage es nicht, in welchem Licht meine Stadt steht. Das ist meine Stadt. Nach einem tragischen Todesfall, über den man zu Recht seine Bestürzung äußert, soll von Köthen Veränderung ausgehen. Was also passiert hier? Man sieht viele Bilder von rechten Extremisten, die in unsere Stadt kommen, um dieses Unglück zu instrumentalisieren. Köthen ist nicht rechts. Wir sind eine bunte, weltoffene und tolerante Stadt. Über Parteigrenzen hinweg engagieren sich Menschen, damit auch dieses Bild von Köthen an die Öffentlichkeit dringt. Köthen ist so viel mehr. Es bedeutet Johann Sebastian Bach und Homöopathie. Es beherbergt die Fruchtbringer und war ein Wohnsitz von Eichendorffs. Köthen – das heißt Hochschule und Hockey oder Tierpark und Feuerwehr. Wir sind Halli und Jakobskirche, Schloss und Angelteich. Wir sind Karneval oder Fasching. In jedem Falle sind wir bunt.

Köthen – das sind nicht nur wir Einwohner, die wir für unser Grundgesetz, unsere Werte und ein harmonisches Zusammenleben hier in unserer Stadt eintreten. Nein, Köthener wird jeder, der diese Werte, egal wo, verteidigt.

Ich bin froh darüber, dass Menschen aus dem gesamten Bundesgebiet sich mit uns solidarisieren. Menschen, die nie zuvor von unserer Stadt gehört haben. Köthen ist euch dankbar. Den Polizisten, die auf unseren Straßen für Ordnung sorgen, den Journalisten, welche sich unerschrocken und trotz Anfeindungen um eine transparente Berichterstattung kümmern, und all denjenigen, die uns nicht über einen Kamm mit den Rechten scheren. Wir sind kein zweites Chemnitz, wollten es nie werden. Alles was wir wollen, ist, dass wir in Ruhe leben können. Roman Schönemann, Köthen

Menschlichkeit im Jahr 5779

„Die Einschläge kommen näher “, taz vom 8./9. 9. 18

In diesem Sommer erschoss Israels Armee am Sperrzaun zu Gaza 140 Menschen und verletzte 16.000; Trump ruiniert die UN-finanzierten Schulen und Krankenhäuser für Palästinenser; Israels Siedlungsbau raubt weiter palästinensisches Land. Es gibt einen einfachen Grund, warum meine deutschen Mitbürger wachsamer für dieses Unrecht sind als für Chinas Unterdrückung der Uiguren: Europa legte denjenigen Juden, die hier nicht ermordet wurden, nahe, sich im Nahen Osten auf Kosten der Palästinenser ein Plätzchen zu suchen. Der Zorn, der dort deswegen täglich neu wächst, ist von uns gesät.

Was bleibt den Palästinensern und ihren arabischen Brüdern und Schwestern? Widerstand scheint sinnlos, Gewalt ist obsolet, gewaltloser Boykott wird kriminalisiert. So mobben dann arabische Schüler in Berlin jüdische Schüler. Das ist weder moralisch gerechtfertigt noch dient es einem politischen Zweck. Weiterbildung für Lehrer und pädagogische Maßnahmen für Schüler mögen hoffentlich ihre Wirkung zeigen. Aber um diesen Zorn an der Wurzel zu kurieren, bedarf es einer gerechten Lösung des Palästinaproblems.

Wir Juden sollten das neue Jahr 5779 dafür nutzen, uns auf die Grundwerte des Judentums und der Moral zu besinnen. Talkshowmaster mögen das „Israelkritik“ nennen und israelische Nationalisten werden behaupten, dies sei „Antisemitismus“; ich nenne es Kampf für Menschlichkeit und Nächstenliebe – traditionelle Werte des Judentums. Rolf Verleger, Lübeck

Gern auch per Post

„Wir nehmen das in Angriff“, taz vom 17. 9. 18

„Generation Voltaren“ sagte ich selbstironisch auf der taz-Genossenschaftsversammlung, obwohl erst knapp 51. Ich sagte auch: „Die taz wird im Internet sein, oder sie wird nicht sein.“ Das sollte unterstreichen, wie wichtig eine funktionierende Geschäftsidee im Netz ist. Ist sitze auf der Arbeit täglich fast nur am PC, will also nicht in der Freizeit nur noch an Geräten lesen, obwohl ich das könnte, und sprach daher vom Premiumprodukt Papier-taz, was auch deutlich teurer werden dürfe. Diesen Gedanken unterstützen ausdrücklich mehrere Genoss*innen. Gedruckt möchte ich die taz weiter Montag bis Samstag haben. Wenn es mal keine Trägerdienste mehr geben sollte, gern auch per Post. Markus Strobl, Berlin

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