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Archiv-Artikel

macht, symbolik, recht Beiräte als Schwesterorgane der Bürgerschaft

Die Bremer Ortsamtsleiter haben in einer Arbeitsgruppe darüber beraten, wie der Job in Zukunft vergeben werden soll. Robert Bücking (B‘90/Die Grünen), Leiter des Ortsamtes Mitte/Östliche Vorstadt, erklärt Vor und Nachteile verschiedener Modelle.

taz: Wie kann man in Zukunft solche Situationen verhindern, wie sie jetzt entstanden ist, dass nämlich der Innensenator gegen den Willen des Beirats einen Ortsamtsleiter ernennen will?

Robert Bücking: Das ist ein tief gehendes Schiff. Es geht um Macht, Symbolik und Recht. Die einfachste Lösung wäre, die alte Praxis sauber verwaltungsrechtlich zu ordnen und mit der Methode „Vertrauen in die Weisheit der Innenbehörde“ Schluss zu machen.

Die Auswahl eines Beamten soll nach Befähigung und Eignung gehen. Was muss eine Ortsamtsleiterin also können? Geht es um ein juristisches Staatsexamen oder die Fähigkeit, sich auf die vielen verschiedenen Menschen und ihre unterschiedlichen Interessen einzulassen? Geht es um politisches Gespür für Initiative?

Ist diese Frage beantwortet, finden sich bei einer Ausschreibung vielleicht vier oder fünf Kandidaten für die das zutrifft. Dann wird Diejenige genommen, die das Vertrauen der Beiräte hat. Der Innensenator und die Beiräte unterwerfen sich einer Einvernehmensklausel. Kein Verwaltungsgericht hätte etwas zu meckern.

Das hieße aber, der Innensenator bliebe Dienstherr.

Das stimmt. Ist auch kein Beinbruch. Schöner wäre aber, wenn die Beiräte, die Ortsämter und ihre Leiter der Bürgerschaft und ihrem Präsidium als Dienstherren zugeordnet würden.

Wäre das ein so großer Unterschied?

Aber ja! Damit würden die Beiräte in ihrer politischen Funktion enorm aufgewertet, sie wären dann so etwas wie ein Schwesterorgan der Bürgerschaft. Dieser Vorschlag geht in Richtung „Ortsamtsleiter werden Wahlbeamte“. Da wäre zwar der Paragraf 118 der Landesverfassung im Weg. Der müsste aber auch aus anderen Gründen geändert werden.

Es gibt immer wieder die Forderung, die Ortsamtsleiter direkt von der Bevölkerung wählen zu lassen.

Das würde mir persönlich gefallen. Es wäre ein klarer Schritt in die Richtung „Beiräte werden zu Gemeinderäten“. Und Ortsamtsleiter Dezernenten oder Bürgermeister.

Wo ist das Problem?

In Bremen sind Stadtbürgerschaft und Landtag das selbe Organ, auch der Senat ist Landesregierung und Stadtregierung in einem. Der Staatsgerichtshof sagt, man kann nicht zwei Gemeindeorgane auf einem Gebiet haben. Man müsste wie in Hamburg und Berlin Bezirke schaffen mit eigener Fachverwaltung und all den schönen Dingen. Ich fürchte, in Bremen stehen erstmal andere Punkte auf der Tagesordnung.

Im Kern soll es ja immer darum gehen, die Beiräte zu stärken, das sagt sogar der Innensenator. Braucht man dafür Verwaltungsvorschriften?

Ein Beirat ist immer dann stark, wenn er sich in Debatten einmischt und Einfluss auf die öffentliche Meinung nimmt, so wie das der Beirat Östliche Vorstadt beim Stadionbad getan hat oder der Beirat Mitte bei der Trassenplanung in die Überseestadt. Formale Rechte sind wichtig, aber ohne politische Initiative, Mobilisierung der Bevölkerung und Sachkenntnis nützen sie einem gar nichts. Fragen: Eiken Bruhn