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Archiv-Artikel

lokalposse Kölns CDU hat zu viel Mittelmaß

CDU-Fraktionschef Karl Jürgen Klipper ist zurückgetreten, sein Widersacher Richard Blömer ebenfalls – als kulturpolitischer Sprecher. Bürgermeister Josef „Jupp“ Müller soll die Fraktion zum Wahltermin führen, nein, eher: geleiten. Und Oberbürgermeister Fritz Schramma ist wie die Jungfrau zum Kind zu einer ungeahnt starken Rolle in seiner Partei gekommen, die auszufüllen ihm schwer fallen dürfte. Aber keine Sorge: Zumindest das Stehaufmännchen Blömer wird sicherlich im politischen Orkus verharren und nach den Wahlen wieder herauskraxeln.

KOMMENTAR VONSEBASTIAN SEDLMAYR

Diese Kölner CDU wird ihre Lokalposse gewiss fortsetzen. Schließlich spielt hier ein Ensemble egomanischer Choleriker, von denen keiner dem Anderen die Hauptrolle gönnt. Wenn das Schauspiel nicht so witzig wäre, es wäre fast traurig. Wichtige Entscheidungen, sei es über die Zukunft des Rechtsrheinischen, sei es über die Besetzung von Schlüsselstellen in der Stadt, werden bis über den erträglichen Punkt hinaus aufgeschoben, weil eine Handvoll Zerstrittener jeweils ihre Partikularinteressen durchsetzen will.

Spätestens seit Rolf Bietmann vor einem Jahr seinen Hut als Fraktionschef nehmen musste, geht bei der Kölner Union alles drunter und drüber. Bietmann wurde nicht nur von seinen Parteikollegen aus dem Amt gejagt. Maßgeblich beteiligt war auch eine keifende Lokalpresse. Im Zentrum der Auseinandersetzung standen die städtischen Aktien der GAG-Wohnungsbaugesellschaft. Deren Verkauf kann nach den Kommunalwahlen leicht wieder auf die Tagesordnung kommen. Schwache Ratsfraktionen wären dann ein gefundenes Fressen für alle Kräfte in Köln, die am GAG-Verkauf Geld verdienen wollen. Sollte die CDU wieder als größte Fraktion in den Rat einziehen, ist sie Zielscheibe Nummer Eins.

Weder Blömer noch Schramma noch Klipper haben die Kraft zu ordnen. Unordnung aber ist nicht nur für eine konservative Partei tödlich. Sie erschwert auch eine halbwegs unabhängige Politik im Rat. Der CDU, die sich so gerne über den Untergang der alten Kölner SPD lustig gemacht hat, sollte in dieser Hinsicht das Lachen vergangen sein. Spendenskandal, Machtspielchen, Ämtergerangel – die Kölner CDU unterscheidet sich nicht mehr von den Sozialdemokraten. Doch, Moment! Es gibt einen wichtigen Unterschied: Die SPD hat ihre alten Strippenzieher kalt gestellt. Bei der Kölner Union kann indes von Erneuerung keine Rede sein.

Lachende Dritte in der schwarz-roten Misere ist die grüne Fraktionsvorsitzende Barbara Moritz. Sie muss nur noch eine Ratssitzung als CDU-Koalitionspartnerin überstehen, dann kann sie mit den Argumenten „Verlässlichkeit“ und „Kontinuität“ bei den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Akteuren hausieren gehen. Und für die Wähler bleibt das Signal: Wenn SPD und CDU nicht als größte Fraktion regieren können, sollten es vielleicht die Grünen mal versuchen.