: lm Grunde immer missverstanden
betr.: Zu den Artikeln „Kanzlers ,good will‘“, „Reif für Insolvenzverwalter“ und „Nicht entzückt über Bremen“ vom 29.1.05
„In Bremen ist der Kanzlerbrief dem Grunde und der Höhe nach immer missverstanden worden“, so der Bundestagsabgeordnete Volker Kröning (SPD) in dankenswerter Ehrlichkeit. Klarer hätte wohl niemand anders die Verantwortlichen für das finanzpolitische Desaster benennen können.
Die Sanierung der überschuldeten Bremer Finanzen und die Vorlage eines verfassungskonformen Haushaltes im Jahre 2005, dies war – gebetsmühlenartig seit 1995 vorgetragen – die Legitimation für die Bildung einer großen Koalition.
Heute steht die Bremer Landesregierung vor einem Scherbenhaufen: Trotz einer Bundeshilfe in Höhe von etwa 8,5 Milliarden Euro hat sich der einstige Schuldenstand von 8,5 Milliarden Euro auf etwa 11 Milliarden Euro erhöht, und ein verfassungskonformer Haushalt ist auf absehbare Zeit nicht in Sicht. Seit etlichen Jahren war diese dramatische Entwicklung für jeden erkennbar, der eins und eins zusammenzählen konnte. Kritische und mahnende Stimmen der Opposition wurden schlicht ignoriert. Anstelle eines vorausschauenden Krisenmanagements und der Neujustierung einer offensichtlich gescheiterten Investitionspolitik, wedelten die politisch verantwortlichen Henning Scherf (SPD) und Hartmut Perschau (CDU) stets mit dem Kanzlerbrief.
Nun ist die Katze aus dem Sack: Dieser Brief ist, wenn überhaupt, etwa 200 Millionen Euro wert. Aber die Krokodilstränen der „Enttäuschung“ entpuppen sich jetzt als geschickte Strategie, die Verantwortlichkeit für das Schuldendesaster allein auf einen wortbrüchigen Kanzler Schröder abladen zu können.
Aber was ist mit dem hausgemachten Anteil der Bremer Finanzkrise? Wo sind eigentlich die 8,5 Milliarden(!) Euro Finanzhilfe des Bundes in den letzten zehn Jahren versickert? Wer übernimmt die politische Verantwortung für all die Pleiten-, Pech- und Pannen-Projekte hanseatischer Großmannssucht vom Musical-Theater über Space-Park, Büropark Oberneuland und Rennbahn bis hin zu gigantischen Fehlinvestitionen bei den Gewerbeflächen? Wer hat zehn Jahre lang den Einflüsterungen eines oberschlauen Professors und seinem BAW blind vertraut und Millionen Euro im Bremer Hafensand und im Marschboden versenkt?
Nein, unabhängig von irgendwelchen ominösen Kanzlerversprechen, für die Bremer Krise gibt es zu einem ganz erheblichen Teil Bremer Verantwortliche, sie haben Name, Anschrift und Gesicht.
DIETER MAZUR, Bremen