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Archiv-Artikel

letzte Fragen

Ein alter Aberglaube besagt, dass man über Silvester keine Arbeit liegen lassen darf. Bei Zuwiderhandlung drohe die Arbeit im neuen Jahr nie auszugehen. Wie erfreulich insofern, dass das taz-muss-sein-Team ans taz.mag-Team die Bitte herantrug, in der heutigen taz.mag-Ausgabe die ganze Seite 8 mit Letzten Fragen zu füllen und in der kommenden Woche auf den angestammten Platz zu verzichten. Machen wir gerne, dann ist die Bugwelle der liegen gebliebenen Antworten abgetragen und die viele Arbeit im neuen Jahr haben die Kollegen. Allen einen guten Rutsch ins neue Jahr!

Was ist ein gepflegter Skat? (20. 12.)

Ein Tippfehler. Das K liegt über dem M und das R wurde vergessen. Es handelt sich um einen reinlich gehaltenen Kleinstwagen. Ein gepflegter Schafkopf hingegen ist, wenn man nicht mit Leuten spielt, die schon vier Maß Gerstensaft intus haben und deren Kommentare zum Spielverlauf sich ungefähr so vernehmen lassen: „E du Depp! Was schmeißtn nacha die Schöllnsau, wannst genau woaßt, dass i an Zena blank hab und da Hiasl schöllnfrei is?“

Georg Fischhaber, München/Obb.

Wenn ich im Winter das Fenster öffne: Kommt es kalt rein oder geht es warm raus? (20.12.)

Beides. Cordelia Hansen, Schleswig

Ein klares Sowohlalsauch. Das ist wie im richtigen Leben: Wenn’s im Kopf Winter geworden ist, muss gelüftet werden. Dann ziehen oben all die schön warm, aber muffig gewordenen Verbiesterungen, Rechthabereien und Mauligkeiten ab, während weiter unten (Herz, Bauch oder so) ein erfrischend prickelndes Lüftchen neuer Erfahrungen hereinweht. So lange, bis die wieder zu Kopf steigen.

Dann geht das Ganze von vorne los.

Christoph Böttcher

Warum sind Boxringrichter klein, dick und über fünfzig? (13. 12.)

Ich vermute mal, dass die großen, schlanken und jungen längst das Handtuch geworfen haben, weil sie von den Kombattanten mit verquollener, blutüberströmter Augenpartie bisweilen mit dem Gegner verwechselt werden.

Gerd Neurath, Saarbrücken

Erklärt sich von selbst: Ringrichter haben einen defensiv optimierten Körper (Schläge werden unterlaufen oder durch Fett absorbiert) und sind mental bestechlich („falsche Fünfziger“).

Wilhelm Schwartz, Hannover

Ist eine Gruppe Strauße eine Herde oder ein Schwarm? (6. 12.)

Ist doch ganz klar: Eine Gruppe Strauße (oder doch Sträuße?) ist eine Herde, weil, wenn sie ein Schwarm wäre, würde sie fliegen oder schwimmen. Strauße haben nun mal beschlossen, Lauftiere zu sein und keine Flugtiere, und Lauftiere versammeln sich in Herden, Rotten, Rudeln oder was auch immer, aber nicht in Schwärmen.

Annette Nellen, Krefeld

Liebe Frau Brünner, Ihre Gänse tun uns richtig Leid. Unsere Münchner Stadtgänse können noch alle fliegen, ob nun als Schwarm oder in der Schar. Jedenfalls tun sie es wie der Rest der Vogelschar mehrmals im Jahr. Aber anders kämen sie ja auch nicht über die gefährlichen Straßen zu ihren Futterplätzen in den Parks.

Stefan Messerschmidt und Marion Möller, München

Warum beginnt die US-Woche am Sonntag, bei uns tags darauf? (29. 11.)

Nach dem christlichen Kalender beginnt die Woche mit dem Sonntag. Auch bei uns war das bis vor etlichen Jahren (70er-Jahre?) so. Aus mir nicht bekannten Gründen ist man in Deutschland davon abgegangen und hat den Montag zum ersten Tag der Woche erklärt. Na ja, die Amerikaner sind eben noch Fundamentalisten.

Annette Nellen, Krefeld

Warum sagen Kinder Bescheid, wenn sie pinkeln gehen? (29. 11.)

Weil Mütter grundsätzlich nach ihren Kindern rufen, wenn sie nicht im Raum sind. Und um dieses Durch-das-Haus-hin-und-her-Gebrülle zu vermeiden, sagen Kinder Bescheid, wohin sie gehen. Annette Nellen, Krefeld

Sind behelmte Radler vorsichtiger oder gefährlicher? (8. 11.)

Man muss differenzieren! Unter den Alltagsradlern sind Behelmte in der Regel vorsichtiger, aber viel gefährlicher, weil unschlüssiger und unsicherer! Hier liegt das Verkehrsgefährdungspotenzial klar auf der Seite der Radler.

Sportliche Radfahrer bewegen sich versiert und sicher im Straßenverkehr und fahren mit relativ hoher Geschwindigkeit im Verhältnis zu den anderen Verkehrsteilnehmern (geringe Geschwindigkeitsunterschiede aber bringen Sicherheit!). Hier liegt das Gefährdungspotenzial bei zaudernden Autofahrern (welche die sportlichen Radfahrer schon allein wegen ihrer höheren Geschwindigkeit als subjektiv gefährlich empfinden). Sportliche Radfahrer sind sich ihrer Gefährdung durch andere bewusst und haben deshalb einen Helm auf, beharren aber aufgrund ihres Körperschutzes evtl. eher auf ihrer Vorfahrt als Nichtbehelmte, die zwar auch um ihre Gefährdung wissen, aber ihrer Gesundheit zuliebe dann doch den Bus vorlassen.

Dann gibt es noch die Rowdys unter den Pkw-, Taxi-, Bus-, Lkw- und natürlich auch Radfahrern – aber da ist der Helm eh egal.

Aber eigentlich müssten wir erst mal diskutieren, was „gefährlich“ ist.

Volker Ehmann, Schorndorf

Die dröge Wahrheit: Sie sind vernünftiger. Falls ein Radler bei einer Geschwindigkeit von 25 km/h stürzt und sein Kopf dabei aufschlägt, gelten die Gesetze der Physik: Kraft gleich Masse mal Verzögerung; die im Kopf versammelte Küchenpsychologie vom sicheren, weil risikoaversen, weil unbehelmten Radler ändert daran nichts, aber ein Helm auf dem Kopf kann den Aufprall dämpfen. Auch mit Helm bleibt die Radlerin so verletzlich, dass sie im eigenen Interesse defensiv fährt.

Wer meint, unter einem Helm fühle sich der Radler unverletzlich, sollte sich das Erlebnis gönnen und eine Woche mit Helm und weiteren Protektoren eigener Wahl auf dem Fahrrad durch den Berufsverkehr fahren. Klar gibt es die Kamikaze-Radler, aber die sind nach meiner Beobachtung nicht mit den Helmträgern korreliert. Die konsequente Kamikaze-Radlerin – das ist meine Küchenpsychologie – verzichtet auf den Helm und auch auf Licht und Bremsen: No risk, no fun! Die Spießer unter den Alltagsradlern aber, die aus Vernunftgründen (Kosten, Umwelt, Bewegung) täglich Fahrrad fahren, tragen statt ideologischem Überbau lieber Helm. Alfred Trukenmüller, Hamburg

Heißt es in China auch „Naher Osten“? (15. 11.)

Aus Sicht der Chinesen müsste es ja eigentlich „Ferner Westen“ heißen. Da das Chinesische aber eine bilderreiche Sprache ist, heißt es dort „Te Xa Co“, wörtlich übersetzt „Land des Erdöls“.

Martin d’Idler, Oberhambach

Warum ist uns unser Hintern am allerwertesten? (22. 11.)

Weil wichtig ist, was hinten rauskommt. Gerhard Pauli, Düsseldorf

Lieber Fragesteller, offenbar hast du dir – glücklicherweise – noch nie das Steißbein verstaucht. Sonst wüsstest du, wie viel wert es ist, ohne Schmerzen sitzen und liegen zu können.

Sabrina Saur, Münster

Was ist an Grotten eigentlich so schlecht? (15. 11.)

Ein Christ würde jetzt sagen, das Ren: Zieht man von „Grotten“ die Buchstaben „r“ und „en“ ab, so bleibt „G-ott--“ übrig, und der ist ja per Definition gut. Die Abneigung der Christen gegen das lappländische Rentier wiederum erklärt, warum die (christlichen) Skandinavier die (heidnischen, rentierhaltenden) Lappen an den Rand des Kontinents drängten. Rentierhaltige Lappen sind nun tatsächlich unhygienisch, ein ganzes Volk aber so an den Rand zu drängen, ist absolut nicht p.c. und nur durch protestantistisch-übersteigenden Sauberkeitswahn zu erklären. Dass Sauberkeitswahn mit P.C.-Mangel zusammenhängt, erklärt wiederum, warum Räume von übermäßigen PC-Nutzern oft aussehen wie unsaubere, dunkle Löcher – wie Grotten sozusagen. Und warum die von echten Christenmenschen für schlecht befunden werden, wurde bereits gesagt.

Martin d’Idler, Oberhambach

Sind Dialektsprecher manchmal von ihrem Dialekt genervt? (1. 11.)

Nein, aber ich als überzeugte Dialektsprecherin bin des Öfteren von den Nichtdialektsprechern genervt!! Dazu habe ich hier in Schleswig-Holstein als Allgäuerin manchmal Gelegenheit, aber meistens wird mein Dialekt als schöne Urlaubserinnerung abgespeichert und bringt mir (unverdiente) Sympathien ein. Und außerdem: Wer wirklich wissen will, was ich zu sagen habe, der findet das auch heraus …

Mathilde Balser

Das kommt darauf an, ob sich die Dialektsprecher in einem ihrem Dialekt fernen Gebiet befinden, und hängt auch von der dialektischen Volksgruppe ab: So sind Sachsen zum Glück fast immer, Bayern hingegen leider nie von ihrem Dialekt angenervt. Schwaben interessiert das überhaupt nicht und Berliner sind es aus Prinzip nicht.

Maik Hetmank, zzt. Essen und lt. meinem Vater Halb-Sachse, Wahlschwabe und am liebsten Berliner

Warum spucken weibliche Fußballprofis nicht ständig auf den Rasen wie ihre männlichen Kollegen? (4. 10.)

Die spielen so gut, dass ihnen die Spucke weg bleibt.

Margot Brünner, Reichertshofen

Wen mag Wiglaf Droste? (13. 12.)

Wen oder was er mag, interessiert mich nicht so. Mich interessiert, was er kann: böse sein, bitterböse sein und kochen (vermutlich). Was er eindeutig nicht kann, ist: Gedichte schreiben. Kann ihm das mal jemand sagen? Es schuckert mich jedes Mal, wenn ich eines von ihm lese. Lass es bleiben, Wiglaf. Tu lieber ungereimt rumpöbeln.

Karin Koch

Tote. Jedenfalls mindestens einen: Er schrieb sehr respektvoll über Johnny Cash, nachdem der verstorben war. Norbert Tietz, Wunstorf

Er mag Rouladen!

Jedenfalls bekam er glasige Augen, als er vom Verzehr selbiger berichtete. Darüber hinaus ist es zugegebenermaßen schwierig, ohne näher mit ihm befreundet zu sein, Dinge zu finden, die Wiglaf Droste mag. Dennoch gebe ich die Hoffnung nicht auf, dass vielleicht ich es bin, den er ohne weitere Ressentiments, aus zutiefst empfundener Zuneigung, mag.

Wie ich darauf komme? Lassen sie es mich erklären: Ja, ich erkenne schon, dass Herr Droste sowohl in prosaischer als auch in lyrischer Form alles „erwischt“, was nicht bei drei auf den Bäumen ist. Dabei ist es völlig egal, ob man männlich oder weiblich ist, sich als links oder rechts empfindet, bourgeois lebt oder dem Proletariat angehört. Auch ich bin sicher in diese „Tribes“ einzuordnen, zumindest bin ich schon mal männlich.

Herr Droste, hier muss ich Sie persönlich ansprechen, Sie schulden mir eine Antwort. Das kam so: Zu Beginn des zweiten Teils Ihrer Nikolauslesung in der Kieler „Hansastraße 48“ fragten Sie das Auditorium, ob Sie, Herr Droste, störten. Dies wurde vielstimmig verneint. Daraufhin fragte ich in die entstandene Stille, ob vielleicht wir stören würden.

Und genau an dieser Stelle warte ich auf eine Antwort. Sie lächelten (vielleicht weil Sie mich mochten), pausierten ein Weilchen, fuhren dann jedoch im Programm fort. Nun warte ich sehnlichst auf eine Antwort und harre Ihres nächsten Besuchs in Kiel.

In der verbleibenden Zeit tröste ich mich, kaufe mir ein Gänseblümchen und fange an, unter größtem Erwartungsdruck, die Blütenblätter herauszureißen. Er mag mich. Er mag mich nicht. Er mag mich.

Dennis T. Jahnke, Kiel

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