leserinnenbriefe :
Ein überfälliger Beitrag
■ betr.: „Als die Grünen die Heuschrecken fütterten“,taz vom 5. 9. 09
Endlich. Ein überfälliger Beitrag über die von den Grünen mitgetragene Finanz- und Steuerpolitik aus der Ära Rot-Grün. Auch die Abschaffung der Besteuerung von Gewinnen aus Unternehmensveräußerungen, was Deutschland zum Dorado der Hedgefonds gemacht hat, war ein Beitrag zur Ausplünderung vieler Unternehmen und Verlust von Arbeitsplätzen.
Die zehn Punkte des Wahlprogramms der Grünen geben keine Orientierung, welchen Kurs die Grünen in Zukunft auf diesem Politikfeld anstreben wollen. Möglicherweise das Eingeständnis eigener Inkompetenz nach dem Abenteuer Rot-Grün mit den Herren Schröder und Eichel.
WOLFGANG HAAS, Pforzheim
SPD überholte die CDU rechts
■ betr.: „Merkels Transformismus“, taz vom 8. 9. 09
Ralph Bollmann schreibt von einem Land, in dem die Volksparteien versuchen, sich gegenseitig links zu überholen. Welches Land meint Bollmann? Ich würde es gerne einmal kennenlernen. Deutschland ist es leider nicht, da ist es ja bekanntlich umgekehrt, da hat die Schröder-SPD versucht, die CDU sozialpolitisch rechts zu überholen. Zur örtlichen und situativen Desorientierung kommt bei Herrn Bollmann noch die zeitliche: Er erzählt von einem italienischen Politiker vor 100 Jahren und versucht daraus Lehren für heute (Stichworte: Finanzkapitalismus, globale Krise, Privatisierung von Gewinnen, Sozialisierung von Verlusten) mittels vager Analogie zu ziehen. Wer derart präzise „analysiert“, kann wohl nur zu dem Schluss kommen, dass es kaum noch einen Grund gibt, zur Wahl zu gehen.
ROLAND STARK, Eltville
Wenn Milch, dann bio
■ betr.: „Neues Bündnis für neue Milchpolitik“, taz vom 5. 9. 09
Es ist mehr Milch auf dem Markt, als nachgefragt wird. Richtig ist also die Forderung nach Reduzierung der Milchmenge, sonst lässt sich ein angemessener Preis nicht dauerhaft durchsetzen. Seltsam mutet hingegen die Empfehlung des BUND an „Trinkt mehr Milch – das hilft den Milchbauern.“ Das mag sein, aber erstens fehlt dabei eklatant die Forderung: Wenn Milch dann Biomilch (oder ist es dem BUND neuerdings egal, ob Milch so umwelt- und artgerecht wie möglich erzeugt wird oder in für Umwelt und Kühe fragwürdiger Massenhaltung?). Und zweitens fehlt die Frage, ob mehr Milchkonsum – und sei es Biomilch – denn eine gute Idee ist. Schließlich ist die Rinderhaltung – bio oder nicht – eine erhebliche Quelle von Treibhausgasen. Das spricht nicht gegen den moderaten Konsum von Milchprodukten, wohl aber dagegen, „mehr ist immer gut“ zu propagieren. SILKE KARCHER, Berlin
Systeme als Ganzes infrage stellen
■ betr.: „Kultur der Achtsamkeit“ von Harald Welzer, „Wir haben keine Zeit für Systemfragen“, Interview mit Sven Giegold und Ulrich Brand, taz vom 5. 9. 09
„Achtsamkeit ist die stetige Aktualisierung seiner Beobachtungen!“ Vielen Dank, Herr Welzer, schon für diesen einen Satz! Oberflächlichkeit ist das größte Hemmnis überhaupt. Gerade Harald Welzer spricht für mich in allen seinen Publikationen den Gedanken an, dass man die Systeme als Ganzes infrage stellen muss! Und was Sven Giegold betrifft, so kann ich seinen Standpunkt auch gut verstehen, besonders was die Widersprüchlichkeit der SPD/Steinmeier betrifft: dass, wenn erneuerbare Energien und Ökolandschaft wachsen sollen, Kohlekraftwerke, spritfressende Autos und Agrarfabriken verschwinden müssen! Dass wir selbst einen „Pakt mit dem Teufel“ eingehen müssten, um gewisse Dinge durchzusetzen, ist allerdings eine Wortwahlentgleisung von Herrn Giegold. Denn den Pakt mit dem Teufel haben ja gerade diejenigen geschlossen, die immer weiter das Falsche tun! GABRIELE VOTAVA, Borkwalde
Wahrhaft beängstigend
■ betr.: „Ehrenmal. Erzwungene Normalität“, taz vom 8. 9. 09
Der Bau eines Ehrenmals für die toten Soldaten kommender Kriege ist nicht nur unpassend, sondern wahrhaft beängstigend. Umso mehr, da seine offenbare Bedeutung wie auch der Einsatz in Afghanistan von den Verantwortlichen systematisch heruntergespielt und verharmlost wird, ganz passend zu seiner versteckten Lage. Welche „Normalität“ wird da angestrebt oder (auf sie) vorbereitet?
Dieser Kriegsminister ist ganz offenbar eine Gefahr für „Frieden, Recht und Freiheit“ nicht nur dieses Landes.
GERHARD RUDOLF, Bad Homburg v. d. Höhe