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Archiv-Artikel

leserinnenbriefe

Demokratie braucht Bildung

■ betr.: „Populismus – Gefahr für das Prinzip ‚Direkte Demokratie‘?“ Pro von Bettina Gaus, taz vom 5. 12. 09

Sie müssen doch wissen, dass Parlamentarier gewählt werden, weil sie auf entsprechenden Listenplätzen stehen! Auf die Listenplätze kommen sie durch Politiker, die genauso anfällig gegen Lobbyismus sind. Von der breiten Bevölkerung würden sie – direkt – wahrscheinlich oft nicht gewählt werden.

Seit geraumer Zeit wird das Bildungsniveau in Deutschland nach unten geschraubt. Der Grund ist bei einigen Politikern wahrscheinlich, dass sie sich denken: Die Bildung, die die Menschen zur Wahlentscheidung brauchen, können sie sich auch in der Bild anlesen! (Ich habe seit Jahren gestern mal wieder Bild gelesen … und war entsetzt!) Demokratie ist nur mit Bildung möglich!

NORBERT VOSS, Berlin

Politiker klüger als das Volk?

■ betr.: „Populismus – Gefahr für das Prinzip ‚Direkte Demokratie‘?“, Contra von Christian Semler, taz vom 5. 12. 09

Wie Christian Semler richtig bemerkt, haben wir in Deutschland ein Demokratiedefizit. Da plebiszitäre Elemente auf Bundesebene bislang nicht realisiert werden konnten, wächst die Entfremdung zwischen Bürgern und Parteien stetig. Der zu jeder Wahl steigende Anteil der Nichtwähler bestätigt dies nur zu deutlich. Mit Populismus haben Plebiszite nur wenig zu tun. Eher ist das Gegenteil richtig. Eine Verfassung, die Plebiszite zu allen politischen Fragen – mit Ausnahme der Grundrechte – zuließe, würde den Druck von den Medien nehmen, sich als Schiedsrichter zwischen Volkswille und Rechtsstaat gerieren zu müssen. Der tatsächliche Volkswille kann in Wahlen nur sehr ungenau abgebildet werden. Eine wirkliche Demokratie braucht das plebiszitäre Element, um seine Legitimität nicht nur zu behaupten, sondern tatsächlich auch belegen zu können. Schließlich sind Plebiszite als „lernendes System“ zu verstehen. Und ist nicht die Annahme in Wahrheit demagogisch, die Politiker seien alle klüger als das Volk? MICHAEL HEINEN-ANDERS, Köln

Pro und Contro überholt

■ betr.: „Populismus – Gefahr für das Prinzip ‚Direkte Demokratie‘?“, taz vom 5. 12. 09

Dieses Pro und Contra bezogen auf die „Direktdemokratie“ ist eigentlich überholt, wenn man erkennt oder gelesen hat, dass es eine sehr gut ausgearbeitete Synthese gibt zwischen „Direktdemokratie“ und „repräsentativer Demokratie“ („Revolution der Demokratie“ von Johannes Heinrichs).

Und dieser Ansatz enthält noch weitere Qualitätssteigerungen, nämlich eine bessere Gewaltenteilung, ein besseres Subsidiaritätsprinzip, eine bessere Entideologisierung der Parteien zugunsten sachbezogener Diskurse,einen absoluten Vorrang der Menschenrechte auch vor den verborgenen Macht- und Ausbeutungsinteressen des Kapitals. SANCHO DIETER FEDERLEIN, Poppau

Keine Klimakanzlerin mehr

■ betr.: „Hunger auf dem heißen Planeten“, taz vom 4. 12. 09

Vorbei die Zeiten, als Frau Merkel noch als „Klimakanzlerin“ bezeichnet werden konnte, die jedem Menschen auf der Welt zubilligte, gleich viel CO2 emittieren zu dürfen. Nun sollen plötzlich die Entwicklungsländer, die bisher kaum zur Erderwärmung beigetragen haben, Reduktionsverpflichtungen eingehen, um in den Genuss von (stark gekürzten) Hilfen zu kommen. Das lässt von deutscher Seite für den Klimagipfel in Kopenhagen nichts Gutes erwarten.

HELGA SCHNEIDER-LUDORFF, Oberursel