leserinnenbriefe :
Komische Friedenstauben
■ betr.: „Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?“, taz vom 28. 3. 11
Der Deutsche kauft Ölprodukte, wodurch fleißig Geld in die Kassen der Diktatoren fließt. Auch davon finanzieren diese ihren Lebensstil mit entsprechender Absicherung durch Waffen. Die Käufe derselben werden u. a. in Deutschland getätigt. Wenn dann das libysche Volk um Hilfe bittet, damit das Waffenungleichgewicht egalisiert wird, sind wir ganz komische Friedenstauben. Öl von Gaddafi? Ja! Waffen für Gaddafi? Ja! Hilfe für das libysche Volk, um den ungleichen Bedingungen begegnen zu können? Nein! Und das, obwohl es nie einen Zweifel daran gelassen hat, dass es sein Kampf für Demokratie ist. Wenn schon Friedenstaube, dann bitte schön konsequent! Öl- und Gaslieferungen aus demokratischen Staaten und keine deutschen Waffenexporte. Ob so oder so, in der Verantwortung stehen wir.
GABRIELE E. ESSNER, Bingen/Rhein
Nichtstun ist eine schlechte Wahl
■ betr.: „Wer wird der Gewinner sein?“, Leserbriefe, taz v. 28. 3. 11
Die Aufständischen kommen in den meisten Briefen von Kriegsgegnern konsequenterweise gar nicht vor. „Das ist nicht unser Krieg und wir wollen ihn nicht führen.“ Dagegen kann man nichts sagen. Da ich nicht bereit bin, selbst für die LibyerInnen in den Wüstensand zu ziehen, kann ich es auch von keinem anderen verlangen. Aber auch Nichtstun bedeutet Handeln. Nichtstun ist in diesem Fall eine sehr schlechte Wahl. Denn auch ohne Bomben könnte man viel tun: von der offenen Unterstützung der arabischen Demokratiebewegungen über die aktive Aufnahme aller Flüchtlinge mit europäischen Schiffen und Evakuierungen aus Gefahrenzonen bis zur Gewährung von Freizügigkeit in der EU für alle Bürgerinnen und Bürger der arabischen Demokratien. Wer das alles ebenfalls ablehnt, ist kein Kriegsgegner, sondern ein Heuchler. JOHANN KNIGGE, Kiel
Es geht wieder um Öl
■ betr.: „Die Spaltung wird andauern“, taz vom 26. 3. 11
In der taz finden sich bemerkenswert wenige Berichte, die sich kritisch mit der Rolle der Aufständischen in Libyen befassen. Die Merkmale der Jasmin-Revolution in Ägypten und Tunesien werden unreflektiert auf die Verhältnisse in Libyen übertragen, der Einsatz von Militär gegen den Menschenschlächter Gaddafi vorbehaltlos befürwortet. Unter den (Redaktions-)Tisch fällt dabei, dass der Aufstand in Libyen durchaus auch skeptisch betrachtet werden darf. Während in den TV-Nachrichten noch erwähnt wird, dass z. B. ein Kampfflugzeug im Dienste der Rebellen von ihnen selbst mit entsprechend professioneller Bewaffnung abgeschossen wurde, findet man in der taz vom Samstag ein verschwurbeltes Interview mit einem Islam-Experten, der unterstellt, die Aufständischen seien zum Einsatz von Waffen gezwungen worden. Kein Wort davon, dass es seit Jahren immer wieder bewaffnete Auseinandersetzungen zwischen Regierungseinheiten und bewaffneten Aufständischen im Osten des Landes gab. Kein Wort davon, dass in Libyen nicht wie etwa in Ägypten die übergroße Mehrheit des Volkes friedlich gegen einen kriminellen Machthaber demonstriert, sondern eine separatistische Rebellengruppe den Sturz der Regierung oder die Abtrennung des ölreichen Ostens Libyens mit Waffengewalt herbeiführen will. So etwas würde man in westlichen Staaten Terrorismus nennen. Weil sich der aber gegen den besonders in den USA verhassten Gaddafi richtet, wird er militärisch von den USA, Frankreich und England unterstützt. Diese haben das von den UN autorisierte Flugverbot missbraucht und Libyen militärisch lahmgelegt, unter Inkaufnahme ziviler Opfer und eines Völkerrechtsbruchs. Am vergangenen Freitag gingen die Angreifer sogar dazu über, die Regierungs-Bodentruppen zu bombardieren, was mit einem Flugverbot herzlich wenig, mit einer offenen Parteinahme für die Rebellen und einer Einmischung in innere Angelegenheiten eines anderen Staates aber jede Menge zu tun hat. Die Häufung von Öllagerstätten um Bengasi und die neuerlichen Ölfunde im Golf von Bengasi sollten eigentlich Indiz genug sein, dass es auch in diesem Krieg wieder um Öl geht. BERND H. SCHOEPS, Bochum