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Archiv-Artikel

leserinnenbriefe

Zügig die Option wechseln

■ betr.: „Ein bisschen Ausstieg“ u. a., taz vom 29. 3. 11

Die Regierung muss in der selbst verordneten Pause ihre Energiepolitik überdenken. Was waren denn noch mal die Argumente für die Verlängerung der Laufzeiten? Substanzielle, wissenschaftliche Argumente gab es kaum. Die Verlängerung war eine politische Vorbedingung und nicht ein Ergebnis der Studien für das Energiekonzept.

Warum müssen sich eigentlich ständig die Erneuerbaren bewähren und rechtfertigen? Mit den Bildern aus Japan werden wir (wieder) daran erinnert, dass eigentlich die Atomenergie besonders starker Argumente bedarf, um sie zu rechtfertigen. Eine minimale Verbesserung der Haushaltslage oder die Gewinne für Großkonzerne sind kein gutes Argument, wenn die zukünftigen Kosten von der Allgemeinheit zu tragen sind. Und da wir eine Alternative zur Verfügung haben – zu der sich doch offenbar alle bekennen – warum sollten wir nicht zügig zu dieser Option wechseln? GERGELY RÀCZ, Mainz

Bitte um mehr Ehrlichkeit

■ betr.: „FDP will endgültig abschalten“, taz online vom 29. 3. 11

Deutschland, ein Land von Atomkraftgegnern? Alle Parteien überbieten sich mit Ausstiegsforderungen? Verwundert reiben sich die Menschen die Augen, die in den 70er Jahren noch von allen Parteien als Chaoten und Staatsfeinde bezeichnet wurden und von der etablierten Presse sogar in die Nähe der RAF gerückt wurden, weil sie „die Säulen unserer Gesellschaft infrage stellen“ würden, nur weil sie vor Risiken gewarnt hatten, die derzeit von der japanischen Wirklichkeit überholt werden.

Als einer, der eine Reihe von Menschen gekannt hat, die ungezählte Wochenenden opferten, die vor Brokdorf von Hubschraubern verfolgt wurden, in Gorleben Bäume geschützt, in Kalkar Ackerland ver- und gepachtet haben, sich in Prozessen überschuldeten, im Wackersdorfer Tränengas Panik bekamen und an den Gleisen Lebensangst hatten, bitte ich um etwas mehr Ehrlichkeit. Wir werden noch einen langen Atem brauchen, um Politiker, die sich derzeit wie Fähnchen drehen, auf einen verantwortbaren Kurs gegen die Atomlobby zu halten. KURT LENNARTZ, Aachen

Wahlsieger keine Kriegsgewinnler

■ betr.: „Mappus atomisiert die CDU“, taz vom 28. 3. 11

Es ist absolut falsch zu sagen, die Wahl sei „in Japan“ entschieden worden. Das tun die Politiker gern, die eine Fehlerursache bei sich selbst weit wegschieben wollen und lieber einen Tsunami, eine Naturkatastrophe als unanwendbares „Schicksal“ benennen. Es ist absolut falsch, wenn Simone Schmollack schreibt, „die Ereignisse im Atomkraftwerk Fukushima in Japan“ hätten den Grünen „diesen großen Zulauf beschert“.

Die Wahl ist in Deutschland entschieden worden, weil deutsche Politiker falsche Entscheidungen getroffen und gegen den Mehrheitswillen der Bevölkerung gehandelt haben. Die Grünen haben so viel Zulauf bekommen, weil sie sich schon seit Jahrzehnten gegen die Atomkraft eingesetzt haben. Die Wahlsieger sind keine „Kriegsgewinnler“. MARLIES BEITZ, Stuttgart

Nach- und umdenken, bitte

■ betr.: „Das ist eine Erfahrung aus Tschernobyl“, Interview mit Klaus Töpfer, taz vom 28. 3. 11

Es wäre mir lieber, das Parlament hörte auf „Töpfer und seine Bischöfe“ als auf die Unionsfraktion. Umweltbewusstsein und Nächstenliebe sind immer noch bessere Argumente als Machterhalt. Es ist traurig, dass nicht einmal Fukushima die Fraktion zum Nach- bzw. Umdenken bewegen kann. MORITZ MUSSOTTER, 14 Jahre, Hamburg

Journalistische Distanz?

■ betr.: „Der Frosch-König“, Fotostrecke Seite 5, taz vom 29. 3. 11

Die heutige Ausgabe der taz ist an Distanzlosigkeit kaum noch zu überbieten. Anstatt nüchtern zu analysieren, welche Ursachen das Wahlergebnis hat und welche Dauerhaftigkeit die entstandenen Veränderungen haben, berauscht sich die taz am grünen Erfolg. Journalistische Distanz? Fehlanzeige! Statt klar und deutlich festzuhalten, dass die Grünen mehrfaches Glück (Stuttgart 21, konservativer Kandidat und schließlich eine neu aufgelegte/verstärkte Atom-Skepsis) in Baden Württemberg hatten, tut ihr so, als wärt ihr (und das wird fast unterschiedslos zur grünen Partei) auf einmal Volkspartei.

Das alles hat man ja auch schon in den Wochen vor der Wahl erdulden müssen, und man hat geahnt, dass es schlimmer kommen kann … aber heute bei Blick auf die Seiten vier und fünf musste ich mich wirklich fragen, was mit euch da durchgegangen ist? Was kommt als Nächstes? Foto-Story vom Amtseid? SVEN LÜDERS, Münster