leserInnenbriefe:
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Die veröffentlichten Briefe geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.
Die Schwierigkeit komplexer Antworten
„Bremerhavens Rechtsruck“
taz Bremen, 28. 5. 19
Armut ist nicht der Grund für einen Rechtsruck. Aber Armut macht viele Leute empfänglicher für die soziale Demagogie der Rechten, die ihnen einfache Sündenböcke und Ersatzbefriedigung bieten, wenn auch keinen tatsächlichen Ausweg aus ihrem Dilemma.
Die bürgerlichen Parteien erreichen diese Menschen dann nicht mehr, weil es eben genau ihre Politik war, die zur akuten oder auch schon längerfristig verfestigten Armut der Betroffenen geführt hat.
Und linke Parteien, die zurecht darauf hinweisen, dass es in unserer Gesellschaft systemisch bedingt Gewinner und Verlierer geben muss, dass es den Gewinnern völlig egal ist, welche Herkunft oder Hautfarbe die Verlierer haben – außer sie können die Verlierer gegeneinander ausspielen –, haben offensichtlich oftmals große Probleme, ihre inhaltlich letztlich komplexeren Antworten zu vermitteln. Kawabunga, taz.de
Der Fluch der tollen neuen Sachen
„Bremerhavens Rechtsruck“
taz Bremen, 28. 5. 19
Wenn man durch Bremerhaven fährt und all die tollen neuen Sachen anschaut, Havenwelten, Auswanderermuseum, Hochschule, kann man den Frust der Alteingesessenen durchaus nachvollziehen. Das Geld wird für akademische Projekte ausgegeben, die akademisch ausgebildeten Arbeitskräften Lohn und Brot verschaffen. Seien es Studenten in den unzähligen 450-Euro-Jobs oder der überwiegende Teil der Festangestellten.
Für die Menschen aus Grünhöfe, Bant und den anderen „sozialen Brennpunkten“ ist nicht viel herumgekommen. Außer, dass jetzt kein Geld mehr da ist, um Arbeiter-Jobs zu schaffen. Aber das war, glaube ich, auch nie geplant. Das Wahlergebnis kann man da gut mit Otto Reutter kommentieren: „Ick wundere mir über jarnischt mehr …“ Cerberus, taz.de
Ausgedachtes Szenario
„Die Mär vom Vorrecht des Stärkeren“
taz Bremen, 24. 5. 19
Nicht nur der SPD-Umkreis produziert solche Falschinformationen, sondern auch die SPD-Spitze. Laut Weser-Kurier vom 17. 5. erklärte Herr Sieling: „Voraussetzung für ein Links-Bündnis ist aus Sicht des Bürgermeisters, dass die Sozialdemokraten bei der Wahl am 26. Mai stärkste Kraft werden. Sollte das nicht der Fall sein, ‚hätten wir das Heft des Handelns nicht in der Hand‘, so Sieling. Vielmehr sei es dann an der CDU, sich um eine Regierungsbildung mit FDP und Grünen zu bemühen. Die Wähler hätten am Wahltag die Möglichkeit, dieses Szenario zu verhindern.“ Dieses Szenario ist schlicht ausgedacht. Wer sollte Herrn Sieling hindern, nach der Wahl zum Telefon zu greifen, Grüne und Linke anzurufen und zu Koalitionsverhandlungen für rot/rot/grün in Bremen einzuladen? Die Bürgerschaftspräsidentin? Der Bundespräsident? Die politische „Konvention“? Alles Unsinn! Als Senatspräsident wird nicht der Vertreter der stärksten Partei gewählt, sondern die Person, die in der Bürgerschaft eine Mehrheit erhält. Seit 2 Monaten ist das nach allen Umfragen stabil rot/rot/grün. Der einzige, der Herrn Sieling von dem Griff zum Telefon abhalten kann, ist Herr Sieling selbst und seine Parteifreunde. Es ist sehr abenteuerlich, das „Heft des Handelns“ freiwillig aufzugeben, wenn man nicht stärkste Partei wird. Das könnte der nächste Wortbruch werden. Warum tut sich die SPD das an? Hans-Wolfram Stein, Bremen
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