langer samstag : Bis Samstag, nicht weiter
Psychologisch gesehen hört sich die Erfolgsmeldung des Berliner Einzelhandel zum so genannten Langen Samstag doch ein wenig nach Wunschproduktion an. Wo plötzlich zwanzig Prozent mehr Geld für die angegebenen Umsatzsteigerungen herkommen sollen, scheint angesichts schmaler Geldbeutel ebenso fraglich wie die Botschaft, unter der Woche werde weiter wie bisher geshoppt. So was riecht nach Legitimation für ein umstrittenes Projekt, an dem sich noch immer weniger Händler als erwartet beteiligen.
Kommentar von ROLF LAUTENSCHLÄGER
Die Einzelhandelslobbyisten bräuchten gar nicht mit derart exorbitanten Zahlen hausieren gehen. Der von den Gewerkschaften prognostizierte GAU ist nicht eingetreten. In den City-Bereichen Ost und West tummeln sich bis in die Abendstunden am Samstag Kaufwütige. Und es hat sich für uns Konsumenten als segensreich herausgestellt, am Wochenende nicht innerhalb knapper Zeit aufstehen, frühstücken, die Wohnung schrubben und noch zum Einkauf hetzen zu müssen.
Mit Blick auf den Langen Samstag bedeutet die Neuregelung der Ladenöffnungszeiten dennoch, dass wohl noch Spielraum besteht, die Wirtschaft anzukurbeln. Gut so. Mit Blick auf eine anvisierte Aufweichung der Ladenöffnung in Richtung Sonntag darf die Ökonomie jedoch nicht zum Primat erklärt werden. Im Sonntag spiegelt sich nicht nur ethisch, sondern auch urban das Modell der Entschleunigung. Und solange selbst von Händlern – und nicht Lobbyisten – dieser Parkraum der Woche erhalten werden soll, besteht kein Bedarf nach einer aufgesetzten Diskussion.
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