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Archiv-Artikel

kurzkritik Geniestreich ohne Durchblick

Eine Wand und tausend Fragen. Da hat einer die Fensterfront des kleinen „Kabinetts für Aktuelle Kunst“ in Bremerhaven einfach zubetoniert. Zur Eröffnung seiner Ausstellung war der Künstler abgereist, das geduldige Publikum suchte am Sonntag vergeblich nach Gucklöchern. Gregor Schneider verweigert jeden Durchblick. Der dichtgemachte kleine Ladenraum ist seit 40 Jahren Bremerhavens Tempel für fast alle Superstars der Miminal Art, und Gregor Schneider hat den Raum nicht nur mehrfach bespielt, sondern ihn in Hamburger und Frankfurter Kunsthallen nachbauen lassen. Will der Liebhaber dunkler Betonlöcher und unheimlicher Räume sich zum Schlusspunkt einer Kunstepoche stilisieren? „Sieht doch aus wie ein Gemälde von Cy Twombly“, sagt Kabinett-Gründer Jürgen Wesseler zu der Wand aus diversen Grautönen und den sichtbaren Arbeitspuren. Auch der Mülleimer in der rechten Ecke – mit den Resten des Materials – gehört zum Werk.

Ein Geniestreich, ein spätpubertärer Scherz, ein Schlag ins Gesicht der neugierigen Öffentlichkeit, die noch hinter jedem Unsinn nach dem Sinn fragt? Gregor Schneider schweigt, seine Wand aber lädt die Bremerhavener zum Gespräch ein. Und sei’s zu der aktuellen Frage, wie es in der Stadt mit Kabinett und Kunsthalle weitergeht. Denn für die Kunst wird ein Neubau gewünscht. Hans Happel