kurzkritik: sechs Kilo jüngere Geschichte : Bremen endet nicht mehr 1945
Gut sechs Kilo schwer, 612 Seiten dick und 58 Euro teuer ist der „sechste“ Band der Geschichte Bremens. Das Standardwerk von Herbert Schwarzwälder endet 1945, nun hat sich ein Autorenkollektiv endlich an die Fortsetzung gemacht.
In dem vorliegenden ersten Band geht es um die Zeit von 1945 bis 1969 – Jahre des Aufbaus und der Krise. Die Zusammenstellung bleibt über Strecken so trocken wie der alte Schwarzwälder, obwohl sie in Sachgebiete – Politik, Justiz, Kultur, Gesellschaft etc – unterteilt und reich bebildert ist und damit zum Blättern einlädt. Wir erfahren etwa, dass der „Ruf nach freier Sexualität“ anhand eines kleinen Strichmännchen und des zugehörigen Frauchens „zu erheblicher Unruhe bei allen am Schulleben beteiligten“ führte – immerhin schreiben wir 1968, das hätten Zeitzeugen genauer gewusst.
Am wenigsten bekannt ist das, was Karl Marten Barfuß über die Wirtschaftsgeschichte Bremens zusammengetragen hat. Da geht es um einzelne Firmen wie den Mythos Borgward, aber auch um die Finanzpolitik des Bremer Senats. Barfuß zeichnet den Beginn der Krise der bremischen Staatsfinanzen nach – die Vervielfachung der Ausgaben für Hochschule, Sozialhilfe und auch Staatsdiener-Gehälter standen am Anfang. Man setzte in den 70er Jahren auf eine Korrektur des Länderfinanzausgleichs, erinnerte sich der damalige Bürgermeister Hans Koschnick bei der Buchvorstellung. kawe