kurzkritik: ilja richter in der st. gertrud kirche : Monsieur Richter
Donnerstagabend, viertel vor acht in der Straße „Im Imhof“ am Kuhmühlenteich. Letzte Autotüren werden zugeknallt, die Handschuhe auf dem kurzen Weg zur St. Gertrud Kirche schnell übergezogen. Im Schaukasten hängt das Plakat: Ilja Richter liest „Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran“. Drinnen begrüßt Pastor Frie Bräsen per Handschlag. Um noch einen Platz zu ergattern, muss die gesamte Bankreihe aufstehen. Wie im Kino.
Den Anfang macht die Hamburger Pianistin Yoko Tominaga mit Mozart. Verbeugung, dann ein Handkuss von Ilja. Seine ersten Worte: „Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie jetzt nicht mehr fotografieren würden.“ Dann folgt keine Lesung – sondern Theater. Richter spielt, singt und schaukelt mit den Hüften. Mit verstellter Stimme und Mimik wird Monsieur Ibrahim lebendig. Richter hält inne und Sänger Ali Schalibi setzt mit einem arabischen Lied ein. Ilja Richter übersetzt: „Liebe Yoko, Du bist die schönste Pianistin aus Hamburg.“ Gelächter aus den Bankreihen.
Dann ist er wieder ganz klar zu hören. Der näselnde Tonfall, der sich hektisch überschlägt. Am Ende wollen die Leute in den Bänken der Musik und dem Mann mit den grauen Haaren noch länger zusehen. Am 1. März hat „Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran“ Premiere im Ernst Deutsch Theater. Ilja Richter spielt den jungen Moses. „Wir können jetzt aber nicht mehr alles abändern und in einer Kirche spielen lassen“, sagt Richter und grinst. JULIA BRODERSEN