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Archiv-Artikel

kurven, kinder etc. Die deutsche „Vogue“ im Mai

Es war vorherzusehen. Schon in den Empirekleidchen, die in diesem Sommer angesagt sind, macht Frau einen verdammt schwangeren Eindruck. Nur konsequent, auf dem Titelbild der Maiausgabe der deutschen Vogue ein wirklich schwangeres Model zu sehen, das der Welt stolz einen nackten runden Babybauch entgegenstreckt. Der Ruf zur Ordnung, der ob des ausbleibenden deutschen Kindersegens von Seiten der Leitartikler, Sachbuchautoren und Feuilletonjournalisten an uns ergeht, also von Seiten all dieser gebärmutterlosen Hysterikerinnen –, wann hätte der Begriff schon besser gepasst als im Zusammenhang ihrer Phantomschmerzen? – er muss natürlich von den Lifestyle-Magazinen mitvollzogen werden.

Doch Moment. Die Titelstory lautet „Magie der Kurven. Mode, so weiblich …“, und es ist von Kleider die Rede, die das Dekolleté feiern, von der Lust auf Volumen, wie sie die neuen Silhouetten zeigen, und – man lese und staune – vom Pin-up-Look. Über Schwangerschaft kein einziges Wort. Ist offensichtlich doch nichts mit dem Ruf zur Ordnung, der nur der Ruf zur alten Geschlechterordnung ist. Bedenkenlos wird die aktuellste Bedenkenträgerei und Panikmache einfach als Mode decouvriert. Als diskursive Mode, an die nun die Kleidermode auf ihre immer etwas extravagante Art und Weise aufs schönste anschließen kann.

Für sie ist die zukünftige Mutterschaft nur Mittel zum Zweck, der in dieser Saison eben Kurven heißt. Macht doch nichts rasantere Kurven, vor allem einen schöneren Busen, als ein bisschen schwanger, so im dritten, vierten Monat, zu sein. Dafür darf auch ruhig mal the real thing aufs Cover. Das sollte freilich niemanden in die Irre führen. Man muss sich dieses Outfit nicht antun, so wenig wie das Ballkleid von Chanel. Mit beiden gehen einfach zu viele Verpflichtungen einher. Und anders als im richtigen Leben funktioniert das ja in der Mode, ein bisschen schwanger zu sein. Da hilft die neue Silhouette, da plustert sich hier etwas ein bisschen auf und rüscht sich dort was ein wenig; alles zu erfahren in der neuen Vogue. Da rutscht die Taille nach oben, während der Stoff darunter weit und üppig fällt, und gleich, wie schon gesagt, ist Frau eine ziemlich schwangere Erscheinung.

Bei den etwas älteren Kundinnen der teuren Labels freilich, die sich über die Mode noch gern ein bisschen Jugend gönnen, soll sich, so ist zu vernehmen, die Begeisterung über diese Kurven verständlicherweise in engen Grenzen halten.

BRIGITTE WERNEBURG