kulturkrise : Parteipolitik statt Kulturpolitik
Hätte es noch eines Beweises bedurft, dass Köln zu Recht nicht im bundesdeutschen Wettstreit um den Titel „Kulturhauptstadt Europas 2010“ mitspielen darf, das Trauerspiel um die gescheiterte Nominierung des Kasseler Staatstheater-Intendanten Christoph Nix liefert ihn. Mit der Ablehnung des an seiner bisherigen Wirkungsstätte durchaus umstrittenen bunten Vogels, den jedoch immerhin der eigene Fraktionschef Karl-Jürgen Klipper vorschlug, hat sich die CDU-Mehrheit einmal mehr unfähig gezeigt, der dahinsiechenden Kölner Kulturpolitik Weckpillen zu verabreichen.
Kommentar von Jürgen Schön
Dabei können sich die Neinsager auf ein Vorbild berufen, hat doch ihr Parteimitglied OB Fritz Schramma seinerzeit im Alleingang die Berufung der renommierten und risikofreudigen Züricher Intendantin Barbara Mundel zur Kölner Bühnenchefin verhindert. Obwohl die damalige Kulturdezernentin Marie Hüllenkremer der Schweizerin schon fest zugesagt hatte.
Wahrscheinlich ist, dass mit der Ablehnung Nix‘ innerhalb der CDU offene Rechnungen beglichen wurden, war Klipper doch nur gegen den Widerstand des rechten CDU-Flügels Nachfolger des nicht ganz freiwillig zurückgetretenen Fraktionsvorsitzenden Rolf Bietmann geworden. Dem Image der Kölner CDU hat die Nein-Front damit ebenso geschadet, wie sie das Bild Kölns als politisches Kasperltheater der Bundesrepublik gestärkt hat.
Schuld an der Malaise ist auch die kölsche Klüngelei. In der selbst ernannten „Kulturstadt Köln“ nimmt der Kulturdezernent eine herausragende und gestaltende Position ein. Statt vorher offen und öffentlich zu diskutieren (was in Köln eh eine Seltenheit ist), welche Kulturpolitik im Zeichen leerer Kassen für die Zukunft Not tut, wurde ohne Rücksprache mit der Parteibasis eine Person aus dem Hut gezaubert, die es dann irgendwie richten sollte. Aus reinen Machtgründen sollte der neue Kulturdezernent noch vor der Kommunalwahl im September gekürt werden. Dass die Grünen, angetreten für mehr Transparenz in der Politik, dabei mitmachten, zeigt, wie sie im politischen Establishment angekommen sind.
Maßgeblich beteiligt an dem Schnellschuss war auch wieder OB Schramma. Mit der Rücknahme der Nix-Nominierung blamiert er sich öffentlich. Das geschieht ihm recht. Dass Köln und die Kölner Kultur darunter leiden, ist der eigentliche Skandal.
Mehr als peinlich und dumm ist das Verhalten der SPD. Das beleidigte Klagen darüber, man sei nicht in den Entscheidungsprozess eingebunden gewesen, mag noch als Pflichtübung einer Oppositionspartei durchgehen. Unverständlich ist dagegen, dass dann der Kandidat, der – wie Franz Irsfeld, kulturpolitischer Sprecher der SPD, sagte – den Grünen und der SPD näher stehe als der CDU, nicht mehr unterstützt wurde. Hier haben die Sozialdemokraten versäumt, Position zu beziehen, sich mit Grün zu verbinden – die an Nix festhalten – und so die schwarz-grüne Regierungskoalition im Rathaus in die Bredouille zu bringen.