krise im einzelhandel : Geht einkaufen!
Ein Freund hat sich eine neue Musikanlage gekauft: klasse Klang, einfach zu bedienen und schön anzusehen. Dafür hat er lange gespart, und normalerweise verliert man darüber kein Wort. Leider muss man aber, denn der Freund gehört zu einer Spezies, die langsam ausstirbt – den Käufern. Positive Beispiele müssen deshalb lobend erwähnt werden.
Kommentar von RICHARD ROTHER
Die Entwicklung ist nämlich dramatisch: Um real 7,4 Prozent ging der Umsatz des Berliner Einzelhandels im Jahr 2002 zurück, Einrichtungs- und Baumärkte verloren gar über 30 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die Folgen: Geschäfte schließen, Beschäftigte werden arbeitslos, die Kaufkraft sinkt, der Umsatz fällt noch weiter – eine Stadt in der Abwärtsspirale.
Freuen können sich auch diejenigen nicht darüber, die jahrelang gegen „Konsumterror“ zu Felde zogen. Die einzigen Gewinner der Kaufzurückhaltung sind nämlich Geschäfte, die Produkte feilbieten, die weder besonders menschen- noch naturfreundlich hergestellt wurden, sondern vor allem eines sind: billig.
Wer diesen Trend stoppen will, muss die letzten Euro zusammenkratzen und einkaufen gehen – eine coole Frühlingsjacke, Bücher, CDs, vielleicht auch endlich mal ein neues Fahrrad oder eine gesunde Matratze! Das steigert die Lebensqualitität und hilft den gebeutelten Händlern.
Sicher, viele Berliner müssen sparen, weil sie arm sind. Noch mehr aber sparen, weil sie Angst um ihren Job haben. Das ist verkehrt, denn was man einmal gekauft hat, bleibt. Mein Freund, mit befristetem Arbeitsvertrag, kann ein Lied davon singen: Ab April hat er keinen Job mehr – aber eine neue Anlage.