kresniks „amerika“-inszenierung : Erkenntnisgewinn Lautstärke
Wer über Amerika schreibt, kann von Schlachthöfen nicht schweigen. Deskriptiv wie metaphorisch führt kaum ein Weg an ausgeweideten Tieren vorbei, um kapitalistische Funktionsmechanismen auf den Punkt zu bringen – spätestens seit Upton Sinclair sind rohe Fleischmassen ein Teil der literarischen Identität der USA. Insofern liegt Johann Kresniks Bremer „Amerika“-Inszenierung in einer sattsam bekannten Tradition.
KOMMENTAR VON HENNING BLEYL
Umso bedauerlicher, dass sie von Kresnik durch nichts bereichert wird. Sein Amerika-Porträt wimmelt von breitbeinig auf Military-Jeeps posierenden Cowboyhut-Trägern, von zigarrenlutschenden Uncle Sams und dämlich grinsenden College-Girls. Mit diesen Abziehbilder hätte man schon in den 60ern eine Amerika-Collage kleben können.
Aber warum so gegenwartsnah argumentieren? In den 20-ern schrieb Brecht, bei aller Drastik, wesentlich klügere Amerika-Stücke, die sich von Christoph Klimkes Libretto und Kresniks Inszenierung vor allem durch eins unterscheiden: das Vorhandensein von Analyse. Ohne sie verkommt die Wucht der von Kresnik eingesetzten Mittel zur reinen Affirmation. Als Erkenntnisgewinn bleibt zurück: Kresnik hat längst gesagt, was er meint, aber er sagt es halt immer wieder. Vielleicht etwas lauter.