kopftuchstreit : Spiel mit dem Feuer
Ein Kopftuchverbot auch für Schülerinnen will der rechtspolitische Sprecher der CDU-Fraktion Michael Braun in Berlin einführen. Die Forderung zeigt: Die CDU spielt mit dem Feuer. Sie will aus dem quadratmetergroßen Fetzen Stoff endgültig eine Lunte machen.
Kommentar von WALTRAUD SCHWAB
Anstatt zu zündeln, sollten sich PoltikerInnen fragen: Was wird durch ein Verbot bewirkt? Wie kann der Streit konstruktiv beigelegt werden, ohne eine der beiden Seiten bloßzustellen? Welche Versäumnisse konnten zu einem Kampf ums Kopftuch führen?
Dass das Kopftuch heute in Berlin ein Symbol für die Trennung zwischen der muslimischen und der christlich geprägten Kultur benutzt wird, ist im Grunde ein Treppenwitz. Wo sind die Kulturdebatten, wo ist der interreligiöse Dialog, um den es doch eigentlich gehen müsste? Sie haben kaum stattgefunden. Beide Seiten, die christliche und die muslimische, tragen dafür Verantwortung. Nicht nur die Theologen, vor allem die Politiker. Denn Abgrenzungsbestrebungen der Minderheiten von der Mehrheitsgesesellschaft entstehen, wo Partizipation und Integration fehlen. Seit Jahren ist ein zunehmender Druck auf muslimische Mädchen in Berlin zu beobachten, das Kopftuch zu tragen. Was sie selbst wollen, wird nicht gefragt. Unterstützung bei der bikulturellen Identitätssuche der Mädchen war aber von deutscher Seite nicht im Angebot. Man hat sie mit ihren Konflikten – zu Hause Türkei, draußen Deutschland – allein gelassen. Wenn die CDU nun das Kopftuch verbieten will, billigt sie den Mädchen ebenfalls keinen eigenen Willen zu. Autorität fordert Unterwerfung.