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Archiv-Artikel

kopftuchdebatte Ein Aufruf von Gutmenschen

Es ist ein bekanntes Spiel. Wer seine Meinung für die beste hält, nennt sie eine „pragmatische Lösung“. Durch diese Bezeichnung wird aber der Aufruf der MigrationspolitikerInnen nicht besser.

KOMMENTARVON CEM SEY

Denn der Vorschlag Pienings und seiner MitautorInnen zeugt von falsch verstandener Toleranz. Sie übersehen bewusst, dass gerade unter den muslimischen MigrantenInnen dieser Stadt eine große Skepsis gegenüber der Idee kopftuchtragender Lehrerinnen herrscht. Die Welt ist eben nicht so einfach, wie die „Gutmenschen“ sie sich vorstellen. Weder ist das Kopftuch unverzichtbar für Musliminnen, noch tragen alle Musliminnen Kopftücher.

Auf dieser Grundlage wird ihr Vorwurf unhaltbar, ein Verbot weise integrationspolitisch in die falsche Richtung. Die „rechtlichen Bedenken“ der UnterzeichnerInnen liefern zudem Stoff für weitere sinnlose Diskussionen: Was sagen wir, wenn künftig LehrerInnen mit Buttons politischen Inhalts unterrichten wollen? Ist Meinungsfreiheit keine schützenswerte Freiheit? Senator Körting kann jedenfalls bei seinem Plan, das Tuch aus Schulen zu verbannen, auf die schweigende Mehrheit der MigrantInnen bauen. Sie werden seine Bestrebungen zur Neutralität am besten verstehen.

Doch Pienings Aufruf birgt auch Bedenkenswertes: Das „Dreipunkteprogramm“ für mehr Integration zum Beispiel. Gerade in Berlin leben Kulturen aneinander vorbei, hier ist die Gesellschaft gefragt: Sie muss sich Migranten stärker öffnen. Das geht aber auch, wenn Mitarbeiterinnen im öffentlichen Dienst kein Kopftuch tragen.