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Archiv-Artikel

konjunktur Schröder, der Glücksspieler

Der Bundeskanzler setzt auf Psychologie: Das Verbrauchervertrauen und der Ifo-Geschäftsklimaindex, der die Erwartungen der Unternehmen misst, haben sich ein klein wenig aufgerichtet – und schon konstatiert Schröder den nahenden Aufschwung und verknüpft ihn mit der Umsetzung seiner Reformprogramme. Das klingt gut, ist aber billig. Es ist zwar verständlich, dass sich der Kanzler positive Entwicklungen als eigene Erfolge anrechnen will, auch wenn er gar nichts mit ihnen zu tun hat. Doch läuft er Gefahr, die Menschen mit seinem Wortgeklingel noch mehr zu enttäuschen.

Kommentarvon BEATE WILLMS

Zum einen hat sich seine Regierung bislang nicht gerade um eine aktive Finanz- und Wirtschaftspolitik verdient gemacht. Sie hat stattdessen auf eine angebotsorientierte Politik mit vermeintlichen Investitionsanreizen, also Geschenken für die Unternehmen, gesetzt. Sie hat Staatsausgaben gekürzt und sich damit aus der gesamtwirtschaftlichen Verantwortung gezogen. Alles nachweisbar ohne Erfolg. Daher ist es unredlich, nun den erhöhten Druck auf Arbeitslose, geschönte Statistiken und die Privatisierung der sozialen Sicherung als Konjunkturprogramm verkaufen zu wollen. Und ob die vorgezogene Steuerreform wirklich den privaten Konsum ankurbeln wird, bleibt fraglich – so lange, bis klar ist, ob sie nicht von den Begünstigten selbst bezahlt wird.

Schröder hat die Chance, aktiv in die Konjunktur einzugreifen, längst vertan. Das weiß er auch. Deshalb versucht er nun, die äußeren Umstände zu nutzen: beispielsweise die Entwicklung in den USA, die für die exportorientierte deutsche Wirtschaft maßgeblich ist, weil sie die Weltwirtschaft generell antreibt. Oder die Politik der Europäischen Zentralbank (EZB), die die Nachfrage nach Geld für Investitionen durch niedrige Zinsen anheizen könnte.

Hier sollte der Kanzler weniger auf die weichen Indikatoren Verbrauchervertrauen und Geschäftsklima setzen, sondern auf Fakten: Die Signale aus den USA sind widersprüchlich, die Auftragseingänge verheißen nichts Gutes. Und die EZB sträubt sich gegen weitere Zinssenkungen. Zumal gerade die deutschen Banken schon die letzten nicht an Unternehmen und Verbraucher weitergegeben, sondern zur eigenen Sanierung genutzt haben. Schröder gibt also den Macher – und hofft heimlich auf sein Glück als Spieler. Es ist ihm nicht zu gönnen, dass er damit durchkommt. Nur leider zahlt nicht er, wenn er verliert.

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