kommentar : Da blieb selbst Papa Stolpe nur die Rute
Verkehrsminister Manfred Stolpe hat mit der Kündigung der Mautverträge einen winzigen Rest seiner politischen Würde gerettet. Monatelang haben ihn die Weltkonzerne Telekom und DaimlerChrysler wie einen Schädling behandelt und arrogant auf Zeit gespielt. Selbst Dauerlächler Stolpe konnte die Blamage am Ende nicht mehr mit seiner Konsenssoße zukleistern.
Denn das technische und wirtschaftliche Desaster ist zu groß geworden. 180 Millionen Euro monatliche Verluste, eine zeternde Bahn AG und ein an allen Ecken auseinander fliegender Verkehrsetat lassen auch das routinierteste Lächeln gefrieren. Die letzten zähen Verhandlungen in langer Nacht brachten keine Besserung. Die beiden Stümperkonzerne sind nicht nur unfähig, das Mautsystem rechtzeitig technisch auf die Reihe zu kriegen, sie weigern sich auch, den Schaden zu bezahlen, den sie angerichtet haben. Da blieb selbst Papa Stolpe nur die Rute.
Ob sie tatsächlich ernst gemeint ist oder ob auch dies wieder nur Teil des Spiels ist, steht allerdings noch nicht fest. Der Bundesregierung ist durchaus zuzutrauen, dass sie nur kurzfristig Stärke zeigt und beim ersten zarten Entgegenkommen wieder einknickt. Kurz vor Jahresende hatte Stolpe schon einmal heftig gedroht, um dann doch wieder auf Weihnachtsfrieden umzuschwenken.
Andererseits ist das öffentliche Erleichterungsecho auf die Kündigung gewaltig. Die ganze Republik stöhnt nur ein Wort: Endlich! Niemand würde einen Richtungswechsel zurück zum alten Kurs verstehen. Trotzdem haben die Konzerne nach Kündigung zwei Monate Zeit, um noch einmal nachzubessern.
Käme es zur Neuausschreibung, würden die Österreicher sich mit Jenoptik und weiteren deutschen Firmen – aber nicht mit Toll Collect! – zusammentun und die Bemautung übernehmen. Dann wären Telekom und DaimlerChrysler endgültig aus dem Rennen und hätten Milliardeninvestitionen für das satellitengestützte System in den Sand gesetzt. Deshalb werden sie wohl doch noch mit einem neuen Angebot kommen – erste Ankündigungen liegen bereits vor.
Dann wird sich zeigen, ob es der Bundesregierung wirklich ernst ist mit der harten Linie, mit Schadensersatzklagen und dem Auspacken aller, wie Stolpe sie nannte, „Widerwärtigkeiten“. Manche freuen sich aber jetzt schon auf die große Pointe: eine Neuausschreibung mit einem neuen Angebot von der alten Stümpertruppe Toll Collect. Ham wir gelacht! MANFRED KRIENER