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Archiv-Artikel

kommentar Gut für Europa: Niederländer wählen EU-Kritiker ins Europaparlament

Die Europawahl hat noch gar nicht richtig begonnen, da gibt es schon eine gute Nachricht aus Holland zu vermelden: Dem ehemaligen Kommissionsmitarbeiter Paul van Buitenen, der seit Jahren vergeblich versucht, seine Vorgesetzten auf Missstände im Apparat aufmerksam zu machen, ist der Sprung ins Europaparlament geglückt. Seine neu gegründete Partei „Europa Transparent“ eroberte zwei Sitze.

Für den hartnäckigen Holländer ist das Mandat nur ein Mittel zum Zweck: Er will die Strukturen des EU-Parlaments nutzen, um die Öffentlichkeit über Missstände zu informieren, um selbst leichter an Akten und Informationen aus den Behörden heranzukommen und um für wirksamere Kontrollstrukturen zu kämpfen. Van Buitenen will eine EU-Meldestelle einrichten, wo Bürger Steuerverschwendung anzeigen können. Ein EU-Staatsanwalt soll bei Fällen von Korruption und Misswirtschaft in den Institutionen der Union tätig werden.

Bei den alten Hasen im Europaparlament dürfte die Nachricht von van Buitenens Wahlerfolg gemischte Gefühle auslösen. Einerseits ist der Holländer, der an der Kommission verzweifelte und nun seine Hoffnung ins Parlament setzt, gut für dessen Image. Andererseits wird sich der kompromisslose Kontrolleur auch unter den Parlamentskollegen Feinde machen.

Van Buitenen will im Haushaltskontrollausschuss mitarbeiten. Das liegt bei seiner Biografie auf der Hand. Aber dieses mächtige Gremium hat sich in den letzten fünf Jahren ziemlich still verhalten. Nur mühsam ließen sich die Vorsitzende Diemut Theato und ihre Mitstreiter dazu bewegen, von der Presse recherchierte Betrugsverdachtsfälle wie beim Luxemburger Statistikamt Eurostat aufzugreifen. Theato, die sich beim Sturz der Santer-Kommission den Ruf der Königsmörderin erworben hatte, wollte dieses Image loswerden. Zudem sind im Eurostat-Fall Kommissare der beiden großen Parteien in der Verantwortung. Deshalb hielten sich Sozialisten wie Konservative gleichermaßen zurück.

Paul van Buitenen sind derartige parteitaktische Überlegungen fremd. Er wird den Finger in jede Wunde legen und den euroskeptischen britischen Mitgliedern im Haushaltskontrollausschuss zur Seite stehen – auch wenn er selbst ein Europabefürworter ist. Die Öffentlichkeit darf sich von der holländischen Wahlentscheidung jedenfalls mehr Transparenz und offen ausgetragenen Streit erhoffen. Und das ist für Europa ganz sicher eine gute Nachricht.

DANIELA WEINGÄRTNER