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Archiv-Artikel

kommentar Mach mal Pause!

Europa „verordnet“ sich nach den schlimmen Referenden eine „Denkpause“. Und niemand weiß, was das eigentlich sein soll

Die Europäische Union ist eine Hydra, in ihren Köpfen reift der „Plan D“. D wie Demokratie. Oder D wie Denkpause. Auf dem EU-Gipfel in Brüssel beschlossen, von Schröder propagiert. Nur – was ist diese ominöse Denkpause eigentlich?

Bedeutet sie, dass wir uns in Reflexion darüber zu üben haben, was wir uns für Europa wünschen? Ein Kontinent im kollektiven Denkprozess? Oder soll in dieser Pause weggearbeitet werden, was sich aufgestaut hatte? Rätselhaft, diese EU-Rhetorik. Da wundert sich der Politiker, dass sich der Bürger von der europäischen Idee verabschiedet.

Eine Beziehungspause – das weiß jeder, der schon einmal „problemorientierte“ Gespräche geführt hat – ist eine Pause von der Beziehung. Und was ist die EU anderes als eine Beziehung auf höherer Ebene? Eine total komplizierte Beziehungskiste? Und sollten wir in der Denkpause nicht mal Abstand nehmen von der EU? Erst mal Zigarettenpause, das ist eine Pause zwecks Beschäftigung mit der Zigarette, ähnlich wie die Toilettenpause. Also jetzt doch nachdenken?

Egal, wie es gemeint ist – missverständlich ist der Begriff allemal. Was man aber auch positiv formulieren könnte: Jeder kann die Denkpause nutzen, wie er will. Wieso nicht schon früher so? Keinem weh, allen wohl!

Oder vielleicht doch nicht? Ist es nicht schon bedrückend, wie weit die Chancen für eine europäische Einigung inzwischen von blassen rhetorischen Kunstgriffen untergraben werden?

Wenden wir uns den Fremdsprachen zu, um mehr über unsere eigene zu erfahren. Der englische Guardian übersetzt „Denkpause“ mit „pause for reflection“, also „Pause für Reflexion“. Das Onlinewörterbuch leo.org hingegen schlägt den Begriff „absence“ vor – auf gut Deutsch „Ausbleiben“. Keine guten Aussichten für Europa.

NATALIE TENBERG