kommentar zu stolpersteinen für generäle: Generäle sind Seismografen
Die Debatte um den Sponeck-Stein verweist auf wichtige gesellschaftliche Entwicklungsprozesse. Trotzdem wäre er besser nie verlegt worden
D ie Debatte um Sponeck weist weit über Bremen hinaus. Nicht nur, weil der General auch andernorts geehrt wird. Sondern vor allem, weil die historisch-moralische Einordnung partiell widerständiger Wehrmachts-Generäle dringend einer neuen Justierung bedarf.
Auch Stauffenberg hat einen Stolperstein (ganz abgesehen von Straßen, Schulen Zapfenstreichen), auch Stauffenberg war, wie die große Mehrheit der Gruppe des 20. Juli, an Kriegsverbrechen beteiligt. Sponeck wurde nach dem Scheitern der Verschwörung erschossen, obwohl er ihr nicht angehörte – seine Entwicklung vom Täter zum Opfer entspricht jedoch exakt der Ambivalenz dieser Gruppe.
Der zunehmend kritische – also realistische – Blick auf den 20. Juli markiert eine substanzielle Entwicklung innerhalb der BRD. Zu deren Anfangszeit war es noch ungeheuer schwierig, den Widerstand der „Vaterlandsverräter“ überhaupt zu würdigen. Dass eine breit verankerte Kritik nun aus einem komplett anderen Blickwinkel erfolgen kann, ist tatsächlich so etwas wie eine gesellschaftliche Erfolgsgeschichte. Nur in den Staatsakten ist sie noch nicht angekommen.
Der Sponeck-Stein unterstützt also eine notwendige Debatte. Dass man ihn überhaupt verlegt hat – und nun den Angehörigen die Ausgrabung hätte zumuten müssen – steht allerdings auf einem anderen Blatt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!