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Archiv-Artikel

kommentar: wahlrechtsreform NRW – Land des Südens

Ein Blick ins Jahr 2009. NRW-Kommunalwahl: Die verbliebenen Zechenkumpel in Bottrop und die Landwirte im Münsterland stehen in der Wahlkabine und hantieren mit großen Wahlzetteln. Das „Kumulieren“ und „Panaschieren“ muss die NRW-Wählerschaft wohl noch lernen. Außerdem sollten die Bürger bei der Wahl ihrer Stadtoberhäupter noch achtsamer sein: Acht Jahre lang müssen sie die Bürgermeister bald ertragen. Was aber ist die politische Botschaft der von CDU und FDP beschlossenen Wahlrechtsreform? Alles deutet darauf hin, dass NRW ein Land des Südens werden soll. Schwäbisches Wahlrecht? Amtszeiten, länger als die von bayerischen Bierzeltpolitikern? Die Reform verändert die Machtverhältnisse der kommunalen Demokratie. Wie die CSU in Bayern setzt die CDU darauf, ihre Macht zu festigen und auszubauen.

Strukturell kommt die Neuregelung nämlich den meist konservativen Rathauschefs in den NRW-Städten zugute. Insgesamt 253 Oberbürgermeister, Bürgermeister und Landräte in NRW haben ein CDU-Parteibuch. Nur 103 Sozialdemokraten und 69 Unabhängige regieren kommunal. Dazu kommen ein FDPler und ein grüner Bürgermeister.

Dass es bei der Amtszeitverlängerung nur um Machtpolitik gehen kann, zeigt ein Blick in die Städte. Schon jetzt sind die Bürgermeister gerade in kleinen NRW-Gemeinden die großen Chefs. Fünf Jahre Amtszeit sind für das große Ego der kleinen Kommunalbosse gerade lang genug. Die hauptamtlichen Verwaltungschefs sind Erster Bürger, Manager und oberster Repräsentant zugleich. Im Vergleich zu den Hobbypolitikern in den Stadträten haben sie schon jetzt mehr Macht und mehr Professionalität. Demokratietheoretisch gibt es ohnehin keinen triftigen Grund, die Amtszeiten von Bürgermeistern und Stadträten zu entkoppeln, wie es CDU und FDP vorhaben. MARTIN TEIGELER