kommentar: vorwahl-spd : Der Aufwind trägt nicht
Nach den Sommerferien 2004 zündete Nordrhein-Westfalens SPD eine Rakete für den Stimmungsumschwung: Als ob die regierenden SozialdemokratInnen an einem NLP-Trainingskurs in der Provence teilgenommen hätten, kamen sie lächelnd aus den Ferien, lachten sich auch durch schwächste Kommunalwahlergebnisse. Die programmierte Laune sollte auch für die Landtagswahlen genügen. Doch im Vorwahlkampf wird klar: Die eher graue CDU liegt zwei Prozent vorne. Die delegierten Sozis in Bochums Ruhr-Congress hätten in das rekordmürrische Gesicht ihres Berliner Superministers Wolfgang Clement schauen müssen, um zu wissen, was die Stunde geschlagen hat: Die Stimmungsrakete wurde zu früh gezündet – sind erst die Themen zurück, die Arbeitslosenquote, Versorgungslöcher in der Bildung, die Insolvenzen, nützen keine hoch gezogenen Mundwinkel.
Noch dramatischer: Das Patt zwischen den beiden Lagern kam ja unter günstigsten Umständen zustande. Denn gefragt wurde nach einer CDU, die im Bund zerrissen scheint, die von kassierenden Volksvertretern gebeutelt wurde und von einem NRW-Spitzenkandidaten, dem es nicht gelungen ist, in die Reihe der prominenteren konservativen Ministerpräsidenten aufzusteigen. Dass die CDU trotz eher depressiver Stimmung den Umfragesieger stellt, beweist zweierlei: Die Landesregierung muss am Arbeitsmarkt punkten, nicht auf der Sympathieskala. Zweitens: Irgendwie ist es tröstlich, dass in Hochglanzzeiten auch Miesepeter eine Chance haben. CHRISTOPH SCHURIAN