kinderschutz : Ohne Betreuung keine Kontrolle
Ministerpräsident Rüttgers hat das „Jahr des Kindes“ ausgerufen, sein Familienminister Laschet wird bundesweit als Vorreiter des sozialen Frühwarnsystems gefeiert. Trotzdem: Für schnelle Veränderungen brauchte es tote Kinder.
KOMMENTAR VON MIRIAM BUNJES
Seit Herbst kommen immer wieder Missbrauchsfälle in die Schlagzeilen. Die Folgen sind konkreter als Politikerworte. Plötzlich wird in immer mehr Fällen entschieden: Dieses Kind muss aus der Familie heraus. Eine Notlösung. Denn die Lebenslagen haben sich nicht verändert, die Ämter sind nur vorsichtiger geworden. Für Kinder in Not ist das natürlich besser, dauerhaft durchhalten kann die kommunale Jugendhilfe diese aus dem Trend geborene Taktik nicht. Dafür fehlt ihr das Geld für teure Heimplätze und das Personal für aufwändige Vor-Ort-Besuche. Geld, über das die meisten Jugendämter in NRW gar nicht mehr zu diskutieren wagen, weil alle kein Geld haben: Die Städte nicht, das Land nicht – auf jeden Fall nicht dafür.
Die geplanten Familienzentren, in denen Kitas mit Ärzten, Sozialberatungen und Jugendämtern vernetzt werden, kosten die öffentlichen Kassen fast nichts – und haben tatsächlich das Potential, Vernachlässigungen früher aufzuspüren, weil sie Eltern und Kinder einfach anzunehmende Angebote machen. Trotzdem wird eines bei den vielen zu Recht lobenden Worten über NRWs großes Präventionsprojekt vergessen: Es gibt im größten deutschen Bundesland gerade mal für drei Prozent aller Unter-Dreijährigen institutionelle Kinderbetreuungsplätze. In den ersten drei Jahren müssen fast alle Eltern alleine klar kommen – bei weitem nicht alle können das. Das Land will den Platzmangel durch Tagesmütter auffangen. Das spart Geld. Kontrollierbar ist diese Form der Kinderbetreuung aber kaum, sie kann auch nicht die Kita als Herzstück der Familienzentren ersetzen. Die Kleinsten der Gesellschaft bleiben weiter unsichtbar. Aus Kostengründen.
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