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Spiegel Online „bild“et sich weiter

Online-Leser lesen anders. Wer sich im Internet informiert, hat weniger Zeit und weniger Lust, lange Texte vom Bildschirm abzulesen. Texte, die im Internet stehen, müssen deshalb richtig rocken – oder wichtige Sachverhalte darstellen. Nachrichten sind zum Beispiel ein Renner im Internet. Und Spiegel Online ist in Deutschland nach wie vor die führende Nachrichtenseite.

Auch Bild-Leser lesen anders. Wer sich durch die Bild-Zeitung informiert, hat weniger Zeit und weniger Lust, lange Texte in Qualitätszeitungen zu lesen. Hier gibt es Nachrichten in kleinen Boulevardhäppchen.

Dass Boulevard also auch im Internet gut funktionieren kann, weiß man auch bei Spiegel Online. Schon länger geht die Verschmelzung von Print und Online bei www.spiegel.de daher ab und an verlagsüberschreitende Wege. Dass Dieter Bohlen nicht nur bei einem Überfall gefesselt wurde, sondern jetzt auch gefesselt in einem RTL-Werbespot auftritt, stand nicht nur in der Bild am Sonntag, sondern auch fast identisch bei Spiegel Online – im Ressort Panorama.

Das soll sich ändern: „Wir wollen die Berichterstattung im Panorama-Ressort verstärken und originärer machen“, sagt Chefredakteur Mathias Müller von Blumencron der taz. Heißt im Klartext: Künftig soll es mehr selbst gemachte bunte Meldungen geben. Eine entsprechende Personalentscheidung hat man schon getroffen. Zum 1. April wird Patricia Dreyer, derzeit Ressortleiterin Unterhaltung bei der Bild, Chefin des Panorama-Ressorts.

Dreyer kennt sich aus mit dem Boulevard. Zusammen mit ihrem Kollegen Bernhard Kelm veröffentlichte sie in der Bild Anfang 2004 Details über die Porno-Vergangenheit der Schauspielerin Sibell Kekilli, unmittelbar nachdem der Film „Gegen die Wand“ mit ihr in der Hauptrolle den Goldenen Bären gewonnen hatte. Zu Recht wurde diese Art der Berichterstattung später vom Presserat gerügt: „Solche Berichterstattung entwürdigt die Betroffene“, hieß es damals in der Erklärung des Rates.

Blumencron hält trotzdem fest zur künftigen Kollegin: Dreyer sei für diese Geschichte und ihre Aufmachung nicht zuständig gewesen. „Man kann sich auch fragen: Muss man jemanden sein Leben lang für eine solche Geschichte verantwortlich machen?“. Patricia Dreyer selbst wollte gestern über ihren anstehenden Arbeitgeberwechsel nicht sprechen. PHILIPP DUDEK