kanzler für kohle : Die Grünen ohne Energie
Immer wenn die großen symbolischen Entscheidungen der Energiepolitik anstehen, sind die Grünen seltsam zahnlos. Fünf Jahre dauerte es, bis endlich vor zwei Wochen ein AKW vom Netz ging. Nun schlucken die Grünen die Verlängerung der Steinkohle-Subventionen auf unbestimmte Zeit. 2012 sollen nach des Kanzlers Plänen noch 1,8 Milliarden Euro in die Kohle fließen – 1,6 Milliarden allein vom Bund.
Kommentar von MATTHIAS URBACH
Damit werden die Steinkohle-Subventionen des Bundes künftig deutlich langsamer schrumpfen als in den vergangenen Jahren. Die EU-Kommission erwartet eigentlich ein Ende der Subventionen bis 2010, ebenso die Grünen. Zwar sperrt sich die grüne Bundestagsfraktion noch gegen eine Freigabe der Mittel. Doch wenn der Kanzler in den kommenden Monaten garantieren kann, dass in den versprochenen Milliarden wirklich alle Kosten enthalten sind, wenn ökologisch bedenkliche Zechen zuerst geschlossen werden, dann werden sie zustimmen.
Am Freitag planen 39 grüne Abgeordnete im Bundestag eine persönliche Erklärung zum Thema, doch die Spitzenpolitiker werden nicht dabei sein. Die grünen Minister Joschka Fischer und Jürgen Trittin wollen keinen offenen Koalitionskrach riskieren.
Warum aber wehren sich die Grünen nicht richtig? Angesichts der klammen Kassen, der Mahnungen aus Brüssel und des Rückhalts von Wirtschaftsexperten und Opposition wäre es ein Leichtes gewesen, die Sozialdemokraten in die Ecke zu drängen. Die Art des Schröder’schen Durchmarschs – ohne den Koalitionspartner zu informieren gab er auf dem Steinkohletag sein Subventionsversprechen ab – musste doch eigentlich einen Krach provozieren.
Ein Grund für das grüne Wohlverhalten liegt in Nordrhein-Westfalen. Im Mai stand dort die Koalition auf der Kippe. Ohne Rot-Grün in Düsseldorf wackelt das Bündnis in Berlin. Deshalb versprach die Bundesregierung mit Billigung von Fischer und Trittin, einen Teil der NRW-Subventionen für die Kohle zu übernehmen. Damals weichten die Grünen erstmals ihre strenge Haltung zur Kohle etwas auf.
Es macht fast den Eindruck, als hätte das grüne Machtzentrum nun Skrupel, die SPD in ihrer schwächsten Phase weiter in Bedrängnis zu bringen. Im Streit um den Atomausstieg haben die Grünen wenigstens wacker gekämpft. Eine Zementierung der unsinnigen Steinkohle-Subventionen aus Mitleid ist jedoch nur schwer zu ertragen.
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