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Archiv-Artikel

kabinenpredigt Hertha wählt

Wen wählt Hertha? Nachdem nun ziemlich klar ist, dass Sonnenkönig Wowereit weiter Bürgermeister bleibt, kann man sich eigentlich wieder anderen Themen zuwenden. Doch ganz so schnell hat sich das Thema Wahl nicht erledigt. Denn auch Hertha BSC hat die Wahl, und zwar die, sich neue Zuschauer an Land zu ziehen. Der Besuch des Olympiastadions lässt durchaus zu wünschen übrig, bei fast jedem Heimspiel würden deutlich mehr Menschen einen Platz finden.

Nur – so ein Fan, der liegt nicht an jeder Straßenecke herum. Außer die rechten Dumpfbacken vielleicht, doch die sollte man liegen lassen, wenn man sie findet. Also gilt es, andere Berliner zu entdecken, die sich mit Hertha identifizieren könnten. Und da gibt es eine große, bislang von Hertha fast völlig unbeachtete Gruppe: die Schwulen und Lesben der Stadt.

Wie viele Stimmen hat Wowereit wohl bekommen, weil er sich vor Jahren geoutet hat? Ideal wäre es, würde auch ein Herthaner endlich laut sagen: Ich bin schwul und kann trotzdem Fußball spielen. Das wäre eine Sensation! Schwule Bundesligisten gibt es so sicher wie schwule Priester, doch traut sich keiner, das auch zuzugeben. Würde Hertha hier mutig vorangehen, wäre das ein Garant für ein volles Stadion, für tausende neuer Fans und für einen Ehrenplatz in der Fußballgeschichte.

Sicher ist es nicht einfach, der Erste zu sein, der sich das traut. Und natürlich ist es für Fußballer besonders schwer, weil dieser Sport immer noch so konservativ besetzt ist. Aber genau hier liegt eine Riesenchance. Also, einfach mal ganz vorne sein, zumindest den Standort Berlin mit seiner großen Schwulenszene nutzen und Speerspitze sein. Hertha könnte sich vor Fans kaum noch retten, da bin ich mir sicher. Und ich, ich würde vor Stolz auf Hertha fast durchdrehen, könnte überall sagen: Schaut auf diese Mannschaft! Spielt zwar durchwachsen, aber sind Berliner im besten Sinne. Das wäre schön, bleibt aber vermutlich nur Träumerei. Oder? SARAH SCHMIDT