joachim klement, künftiger generalintendant : Anspruchsvoller Textarbeiter
Der Norden hat ihn wieder: Joachim Klement wird Generalintendant des Braunschweiger Staatstheaters. Nach beruflichen Anfängen in Wilhelmshaven war der 47-Jährige unter anderem Chefdramaturg und Stellvertreter des Bremer Generalintendanten. Als solcher musste er beispielsweise einspringen, als Klaus Pierwoß auf dem Höhepunkt der Bremer Theaterdämmerung, bei der der christdemokratische Kultursenator dem Haus allen Ernstes die Insolvenz androhte, mit Herzrhythmusstörungen ins Krankenhaus musste.
Auch bei der Abwehr anderer Attacken – etwa der heftigen Proteste gegen Kresniks „Zehn Gebote“ inklusive nackter Näherinnen im Dom – setzte sich Klement vehement für die künstlerische Freiheit ein. Als sich in Bremen abzeichnete, dass die CDU einen neuen Intendanten inthronisieren würde, der mit Eifer weitere Sparvorgaben einhält, flüchtete Klement in seine Geburtsstadt Düsseldorf. Dort ist er derzeit Stellvertreter von Amélie Niermeyer am Schauspielhaus.
2010 wird Klement erstmals erster Mann im eigenen Haus, einem Viersparten-Theater mit 30 Millionen Euro Jahresetat. Anders als Vorgänger Wolfgang Gropper, ein ausgebildeter Schauspieler, vertritt Klement den Typus des Dramaturgie-Intendanten: Er inszeniert nicht selbst, sondern steht für einen umfassenden intellektuellen Zugriff auf die Materie. Programmhefte in Klements Verantwortungsbereich zeichnen sich dadurch aus, dass sie weniger das aufgeführte Werk featuren, als weiträumig dessen geistige Hintergründe ausleuchten.
Braunschweig als „Stadt im Aufbruch“ reize ihn sehr, sagt Klement der taz. Freilich werden wohl auch Reibungen mit Oberbürgermeister Gert Hoffmann nicht ausbleiben, einem eher ruppigen CDUler und ehemaligem NPD-Mitglied. Wäre es nach Hoffmann gegangen, hätte ohnehin der Osnabrücker Intendant Holger Schultze das Rennen gemacht – eine Option, die auch der von eben dort stammende niedersächsische Ministerpräsident favorisiert haben soll. Dass sich der Verwaltungsrat trotzdem für Klement entschied, verweist auf dessen fachliche Qualitäten.
HENNING BLEYL
Fotohinweis:JOACHIM KLEMENT, Braunschweigs Theaterchef in spe, engagiert sich für aktuelle Kunst FOTO: SEBASTIAN hOPPE