jens-erwin siemssen, regisseur und autor : Von Jork nach Tonga
JENS-ERWIN SIEMSSEN, 43, studierte Figurentheaterspiel. Seit 1995 lebt er bei Bremerhaven. FOTO: PRIVAT
Am meisten freut sich Jens-Erwin Siemssen, wenn der Koch funktioniert. Wenn er ihm nicht erklären muss, wie man Kartoffelsuppe kocht. Und wenn die Gastschauspieler seines Theaterensembles „Das letzte Kleinod“ selbst wissen, wie man sich vor der Probe aufwärmt. Doch oft wissen sie das nicht. Dann muss er sie beantworten, die 200 täglichen Fragen seiner 20 Mitarbeiter, mit denen er durch die halbe Welt tourte.
Nach Tonga – Gegenstand seines jüngst in Cuxhaven uraufgeführten Stücks „King of Tonga“ – ist er allein gefahren. Denn vor dem Stückeschreiben musste recherchiert werden: ob sie stimmt, die Legende vom Jorker Seemann Hinrich Meyer, der hier strandete, die Häuptlingstochter heiratete und 1845 König wurde. „Der Archivar des Königs wusste davon nichts“, sagt Siemssen und lacht. Und der professionelle Storyteller, den er interviewte, habe nur „maybe, maybe not“ gesagt.
Und in Jork? Er könne ihm die Tonga-Ecke zur Verfügung stellen, habe der Betreiber der Wirtschaft angeboten, die im Geburtshaus Hinrich Meyers residiert. Speere und Elefanten habe er da. „Dabei gibt es in Tonga keine Elefanten“, sagt Siemssen.
Aber er liebt Geschichten, sind sie doch der Stoff, aus dem er die Stücke der 1990 gegründeten Theatergruppe webt. Wichtig vor allem: authentische Orte. Konsequent also, dass das Stück über Auswanderer nach Kanada am Cuxhavener Pier aufgeführt wurde und das über die Weserinsel Langlütjen II ebenso. Und im Frühjahr sind sie in Island gewesen, um das Stück über den deutsch-isländischen Kabeljau-Krieg zu spielen. Wichtiger als die große Politik sei „der Aufeinanderprall zweier Kulturen“, sagt Siemssen – „etwa dann, wenn sich Matrosen konkret auf See begegneten.“ Sein Tonga-Stück, noch bis 21. 7. zu sehen am alten Bauhafen an der Cuxhavener Kugelbake, versteht er als Konglomerat aus Legende, dem Neid der Zurückbleibenden und dem Blick auf aktuellen Rassismus in Deutschland.
Nein, er sei kein politischer Autor, sagt Siemssen. Er füge Zitate von Menschen zusammen, „die mit diesen Geschichten etwas zu tun haben. Den Rest kann sich jeder selber denken.“ PS