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Archiv-Artikel

jeanette erdmann, herzinfarkt-forscherin Globale Forscherin

Von PS

Sie wirkt zunächst zögerlich, aber das gibt sich schnell. Dann nämlich, wenn man die Lübecker Humangenetikerin Jeanette Erdmann nach jenen Forschungsergebnissen fragt, die sie jüngst publizierte. Mit den genetischen Ursachen des Herzinfarkts hat sich die Arbeitsgruppe, die sie an der Lübecker Universitätsklinik leitet, befasst und neue, spannende Details gefunden.

Dabei forscht sie bereits seit rund 15 Jahren zu den erblichen Faktoren von Krankheiten und kennt die Materie gut. Sehr lange hätten die Wissenschaftler aber in die falsche Richtung geforscht: „Wir dachten, dass wir vorher überlegen müssten, welches Gen für eine Krankheit verantwortlich sein könnte. Dann haben wir danach gesucht.“ Das sei sehr frustrierend gewesen, weil man die Gene nicht gefunden habe.

Den Paradigmenwechsel erbrachte vor zwei Jahren eine neue Methode: Mit Hilfe von DNA-Chips können Forscher inzwischen das gesamte menschliche Genom untersuchen. Das ist in diesem Fall entscheidend, weil für den Herzinfarkt nicht ein einziges Gen verantwortlich zeichnet, sondern 50 bis 100. Hinzu kommen, wie bekannt, Faktoren wie Rauchen und Übergewicht.

„Die Komplexität des genetischen Zusammenwirkens“, sagt Erdmann und wird munter, „erschwert die Forschung und macht große Versuchsgruppen nötig.“ Da brauche man weit mehr als die 1.000 Lübecker Herzinfarkt-Patienten. 20.000 und mehr seien dafür nötig.

Eine Erfordernis, die schnell Bewegung in das Gebaren der Forscher-Community brachte. Bis vor zwei Jahren nämlich habe jede Gruppe für sich gearbeitet und ihre Daten möglichst geheim gehalten, erzählt Erdmann. Inzwischen sei es umgekehrt: Da jede Gruppe die Daten der anderen brauche, habe sich ein internationaler Austausch ergeben, der enorm Zeit und Geld spare.

„Man kann die Globalisierung ja kritisch sehen“, sagt sie. „Aber für die Forschung ist dies eine unglaubliche Bereicherung – und es macht irrsinnig viel Spaß.“ Dass man bislang nur 20 Prozent der am Herzinfarkt beteiligten Gene kennt, beunruhigt sie nicht. „Ich bin sicher, dass wir in ein paar Jahren die restlichen 80 Prozent gefunden haben.“ PS

Fotohinweis:JEANETTE ERDMANN, 44, Biologin, leitet das molekulargenetische Labor der Uni Lübeck. FOTO: KUBE/UNI LÜBECK