jazzahead!: Der Markt der blauen Noten
Die Palette von Europas größter Jazz-Fachmesse reichte von der Session bis zum musiktherapeutischen Vortrag. Klar im Mittelpunkt stand aber - das Geschäftliche
Visitenkarten austauschen, Tonträger verschenken, Verträge schließen. Bei der zum vierten Mal im Bremer Kongresszentrum stattfindenden Jazz Fachmesse Jazzahead! ging es vor allem um eins: ums Geschäft.
Angereist waren 230 Aussteller aus 18 Nationen, um Kontakte zu knüpfen und Geld zu machen. Von Produktionsfirmen, über Medien und sich selbst vermarktende Künstler bis hin zum Instrumentenbauer waren alle dazu nötigen Zweige der Jazz-Industrie vertreten.
Das Konzept der Messe fuhr dabei zweigleisig. Zum einen Messestände, Konferenzen und Kurzkonzerte für die geschäftlichen Besucher. Vier zum "European Jazz Meeting" geladene Regionen - Frankreich, das Vereinigte Königreich, Katalonien und Luxemburg - präsentierten jeweils eigene Acts in "Showcase-Konzert" genannten 30 Minuten-Sets.
Ziel des Meetings ist es, Ländern die Möglichkeit zu geben, ihre Jazz-Szene und deren kommende Stars zu präsentieren. Mit Yaron Herman hatte Frankreich da gleich den aufsteigenden Jazz-Pianisten Europas dabei, dem mit dem Schlagzeuger Thomas Crane und dem Bassisten Matt Brewer nicht minder begabte Talente zur Seite standen. Aber auch andere Showcase-Auftritte wussten zu überzeugen. Besonders stach das Quartet der Bassistin Hélène Labarrière hervor, das in seinen dichten Verwebungen die Grenze zum Free Jazz bisweilen überschreitet, sowie das Arun Ghosh Sextet, welches seinen Jazz mit Elementen klassischer indischer Musik tränkt.
Begleitet wurden diese Kurzkonzerte von Vorträgen, die unter anderem der Frage nachgingen, wie sich Jazz als Touristenmagnet nutzen ließe und welchen Impakt die Internetplattform Myspace auf die Musikvermarktung habe. Ein eintägiges medizinisches Fachsymposium beschäftigt sich gar mit "präventiven und medizinischen Aspekten impulsiver Musik".
Als zweite Programmschiene bot die Jazzahead! ein an ein breites Publikum gerichtetes Abendprogramm sowie einen offenen Sonntag an.
Neben im Kongresszentrum spielenden Konzerten von populären Acts wie Defunkt, Norma Winstone - die zudem den Jazzahead!-Skoda Award verliehen bekam - oder John Abercrombie, fand im Kulturzentrum Schlachthof ein "Late-Night-Programm" statt. Drei Tage hintereinander musizierten ab 22 Uhr jeweils drei Acts bis tief in die Nacht hinein, wobei der erste Abend Norwegen und die beiden folgenden dem deutschen Nachwuchs gewidmet waren.
Hier wusste besonders La Kaffeehausavantgarde mit Grooves, großartigen Soli und umwerfend guter Stimmung mitzureißen. Im Gegensatz zu dem von den Zuhörern meist reserviert aufgenommenen Schaulaufen der Showcase-Konzerte, schafften es die im Schlachthof auftreten Gruppen Freudenrufe aus ihrem Publikum herauszukitzeln.
Sichtlich entspannter als die hauptsächlich auf Vermarktung fokussierten Acts des European Jazz Meeting, vermittelten die Schlachthof-Auftritte den Eindruck, dass es bei der Jazzahead! letztlich auch um die Musik selbst ging. Ein Eindruck, den der publikumsoffene Sonntag unterstreichen konnte, der mit einer großen Plattenbörse und Auftritten verschiedener Musikschulen sowie der NDR-Bigband die Messe schloss.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!