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Archiv-Artikel

ironman auf hawaii Verwirrung auf der Insel

Der Kampf gegen Doping im Triathlonsport läuft chaotisch, weswegen Dopingsünder leichtes Spiel haben

Das globale Lifestyle-Produkt Ironman ist so erfolgreich wie noch nie. Wer sich in diesen Tagen durch den völlig überlasteten Ferienort Kailua-Kona kämpft, kann das anschaulich erleben. In Horden stellen die fittesten Menschen der Erde entlang der Strandpromenade ganztägig ihre Körper zur Schau. In der knappen Zeit zwischen den Trainingseinheit geben sie bündelweise Dollars an den Ständen der Sportartikelindustrie aus.

Das durchgestylte Erlebnis-Marketing der WTC (World Triathlon Corporation) hat indes in den vergangenen zwölf Monaten einen Schaden erlitten, von dem es sich nicht so rasch erholen wird. Der positive Dopingbefund der deutschen Hawaii-Siegerin Nina Kraft im Jahr 2004 hat den Ausdauerdreikampf dazu gezwungen, sich mit dem Verdacht auseinander zu setzen, dass die verblüffenden Leistungen vielleicht doch nicht immer nur mit Kraftriegeln erbracht werden.

Das Dopingthema klebt am Triathlon. So müssen etwa in diesem Jahr die Veranstalter in Hawaii zähneknirschend zwei Spitzenathleten starten lassen, die sich nach positiven Befunden ihr Startrecht juristisch erzwungen haben. Bei der Deutschen Katja Schumacher, bei der man nach dem Frankfurter Rennen im vergangenen Jahr Anabolika im Urin fand, konnte den Fahndern Verfahrensfehler nachweisen. Und der Belgier Rutger Beke, Zweiter in Hawaii im Jahr 2003, legte ein Gutachten vor, mit dem er einen positiven Befund auf Epo in diesem Frühjahr entwertete.

Somit riskiert der Ironman in diesem Jahr ein ähnliches PR-Debakel wie im Vorjahr. Und das, obwohl die weltweite Dachorganisation des Langstreckentriathlons in diesem März den Code der Welt-Antidopingagentur Wada unterzeichnet hat. Seither führen die Wada und die nationalen Antidopingagenturen im Auftrag der Global Triathlon Group, eines WTC-Subunternehmens, Wettkampfkontrollen durch, und es gelten auch beim Ironman die von der Wada festgelegten Strafmaße. Dass Beke und Schumacher an diesem Samstag bei Sonnenaufgang mit in den Pazifik springen dürfen, liegt daran, dass sich die Ironman-Organisation in der Betrugsbekämpfung einfach über die bisher dafür zuständigen Verbände hinweggesetzt hat. Damit ist ein Kompetenzchaos entstanden, das selbst die Verantwortlichen nicht mehr durchschauen.

Der deutsche Triathlon-Verband DTU musste etwa die Zweijahressperre von Kraft um die Hälfte kürzen, nachdem die Sportlerin Berufung eingelegt hatte. Die WTC hält hingegen an der Zweijahressperre fest. Im Fall Schumacher ist man sich nicht einmal innerhalb der Ironman-Organisation einig. Für den Frankfurter Ironman hat dessen Veranstalter Kurt Denk Katja Schumacher lebenslanges Hausverbot erteilt. In Hawaii ist sie hingegen am Start.

Denk spricht den Triathlon-Verbänden die Entschlossenheit im Kampf gegen Doping ab: „Die agieren doch nach dem Prinzip: Wenn ich nichts sage, sage ich auch nichts Falsches.“ Sein weltweiter Lizenzgeber, WTC-Präsident Ben Firtic, ist vorsichtiger: „Wenn die Verbände nach den Vorgaben der Wada Recht gesprochen haben, dann akzeptieren wir ihre Urteile.“ So wie in den Fällen Schumacher und Beke.

Die DTU spricht ihrerseits den Ironman-Organisationen insgesamt die Legitimität ab, die Dopingbekämpfung im Langstreckentriathlon an sich zu reißen. „Das ist so, als ob Holiday on Ice im Eiskunslauf Dopingkontrollen macht“, sagt Reinhard Wilke und fügt an: „Kurt Denk führt sich auf wie Louis XIV.“

Auf einen konzertierten Kampf gegen Doping ist im Triathlon nicht so bald zu hoffen. Die Athleten sind deshalb verwirrt; erst in diesem Frühjahr mussten die deutschen Eisenmänner bei der DTU eine Lizenz lösen. Die Lizenz berechtigte sie, als Profis zu starten und verpflichtete sie, am Dopingkontrollsystem der DTU teilzunehmen. Jetzt sagt Kurt Denk: „Die DTU kann Lizenzen ausgeben oder nicht, das interessiert uns nicht mehr.“ Reinhard Wilke hingegen behauptet, die Verhandlungen darüber, was einen Ironman-Profi in Zukunft dazu berechtige, ihren Beruf auszuüben, seien noch in der Schwebe. Allzu laut möchte die WTC nicht über das Thema Doping sprechen. Schließlich soll das schöne Bild vom Triumph des Willens in der Lavawüste so wenig wie möglich gestört werden. SEBASTIAN MOLL