hochschulfreiheitsgesetz : Abhängigkeit ist keine Freiheit
Nordrhein-Westfalen steht an vorderster Front des Kampfes für die enge Verzahnung von Wirtschaft und Wissenschaft. Was Hannelore Kraft, eine sozialdemokratische Unternehmensberaterin, vorbereitet hat, setzt ihr Nachfolger, Wissenschaftsminister Andreas Pinkwart, mit einer nur FDP-Politikern eigenen Radikalität um.
Bei seinem „Hochschulfreiheitsgesetz“, das die wirklichen Absichten der Landesregierung durch Orwell‘schen Neusprech verdeckt, geht es um Marktgängigkeit der Hochschulen, für die Beschäftigten und Studierenden bedeutet es mehr Marktabhängigkeit und weniger Freiheit. Man tut so, als hätten die Hochschulen bisher unter der Knute der Ministerialbürokratie gestanden und als würden sie nun in das Reich der Freiheit entlassen. Dabei hört man den Fuchs nach der Freiheit für die Gans rufen, um sie besser packen und fressen zu können.
GASTKOMMENTAR VON CHRISTOPH BUTTERWEGGE*
Hochschulen sollen nun eigenes Vermögen bilden, Kredite aufnehmen, Firmen gründen. Sie werden zu Wirtschaftsunternehmen, akademischen Berufsschulen – für Wissenschaft und Forschung hat das verheerende Konsequenzen. Künftig bestimmt, wer Geld hat und bezahlt. Findet eine Hochschule weder kaufkräftige Kundschaft noch reiche Mäzene, geht sie im Existenzkampf unter.
Die gesellschaftliche Verantwortung der Wissenschaft gerät aus dem Blick. Statt den Menschen zu dienen, muss sie den Markt bedienen. Rankings zählen auf dem Weg zu Elitehochschule, nicht die Bedürfnisse der Hochschulmitglieder. Tauscht die Hochschule den Staat gegen die Großwirtschaft als Patron ein, gerät sie vom Regen in die Traufe. Denn auch von bürokratischen Auswüchsen ist sie nicht frei – ganz im Gegenteil: Zertifizierungsagenturen und Evaluationsbürokratien erfordern womöglich mehr Mittel als vorher. *Der Verfasser leitet die Abteilung für Politikwissenschaft an der Universität zu Köln