„hochschulfreiheitsgesetz“ : Verkaufte Universitäten
Andreas Pinkwart kann sich eine weitere Kerbe in seinen Ministerschreibtisch schnitzen. Anderthalb Jahre nach Regierungsantritt hat der NRW-Wissenschaftsminister schon die zweite heilige Kuh erlegt: Erst drückte der FDP-Mann allgemeine Studiengebühren durch, jetzt hat der Landtag auch sein so genanntes Hochschulfreiheitsgesetz verabschiedet. Man kann CDU und FDP nicht vorwerfen, dass sie nicht durchziehen, was sie versprechen.
KOMMENTAR VON DIRK ECKERT
Die Universitäten und Fachhochschulen sind damit aus der staatlichen Obhut entlassen und müssen sehen, wie sie über die Runden kommen. Noch bekommen sie Gelder aus dem Landeshaushalt, aber auch das kann sich ändern. In diese Lücke wird – und soll nach liberaler Ideologie auch – die Wirtschaft springen. Über den neuen Hochschulrat, einer Art Aufsichtsrat, bekommen Wirtschaftsunternehmen direkten Einfluss auf die Hochschulen. Wenn der Staat sich dann noch aus der Finanzierung zurückzieht, entscheidet de facto die Wirtschaft, worüber geforscht wird. Denn Unternehmen geben nur Geld, wenn sie sich davon etwas versprechen. Und selbst diejenigen Fachbereiche, die Sponsoren finden, sind nicht völlig unabhängig. Oder kann jemand garantieren, dass Sponsoren keinesfalls versuchen werden, Einfluss auf Forschungsergebnisse zu nehmen?
Das neue „Hochschulfreiheitsgesetz“ ist eine typisch liberale Mogelpackung. Im Namen der Freiheit werden neue Abhängigkeiten geschaffen. Die Unabhängigkeit der Wissenschaft in NRW ist seit gestern passé, verkauft an die Wirtschaft. Es ist in diesem Zusammenhang bezeichnend, woher der neue Präsident der Technischen Fachhochschule Bochum kommt: von der RAG. Die CDU prophezeit, dass ihr neues Hochschulgesetz für alle anderen Bundesländer maßgeblich sein wird. Hoffentlich nicht. Es reicht schon, wenn Nordrhein-Westfalen für liberale Experimente herhalten muss.