heute in hamburg: „Zustand von An und Aus souverän herstellen“
Online-Workshop„Digitaler Arbeitsschutz“: Teil 1: „Medienwandel und Medienresilienz“, 17–20 Uhr; Teil 2: „Herausforderungen durch die Covid-19-Pandemie und Homeoffice“: Donnerstag, 17–20 Uhr; Anmeldung bis jeweils 10 Uhr erbeten per Mail an info@w3-hamburg.de. Die Zugangsdaten werden per Mail verschickt
Interview Hagen Gersie
taz: Frau David, führen Sie das Interview auf Ihrem Privat- oder ihrem Diensthandy?
Sabria David: Ich habe ein Handy mit zwei SIM-Karten, eine dienstliche und eine private. Wir sprechen gerade über die dienstliche.
Warum ist ein Diensthandy oder eine Dienstnummer wichtig?
Eine der Kompetenzen, die man braucht, um medienresilient zu sein, also gut und vernünftig mit den digitalen Medien umzugehen, ist, trennen zu können. Das heißt: Man muss trennen können zwischen privater und beruflicher Nutzung und Rolle. Das brauchen Sie, um auch Rückzugs- und Erholungsphasen zu haben, sonst sind Sie nämlich in einem Dauer-Stand-by-Zustand, der gesamtorganisch von Nachteil ist. Also: trennen können und deswegen auch getrennte Medienkanäle.
Welche anderen Maßnahmen gibt es noch, um sich zu schützen?
Es geht darum, dass man den Zustand von An und Aus souverän herstellt. Dass man zu einer reflektierten statt reflexhaften Nutzung kommt. Wenn Sie Medien reflexhaft nutzen, springen Sie sofort auf jede E-Mail, die mit dem Pop-up-Fenster aufspringt. Wenn Sie das reflektiert tun, nutzen Sie die Schnelligkeit, wenn Sie das wollen oder wenn das gerade in Ihren Tages- und Arbeitsablauf passt, aber nicht, weil die Technik Ihnen den Impuls setzt.
Sind die Arbeitnehmer:innen für ihren digitalen Arbeitsschutz selbst verantwortlich?
Sabria David
53, ist Medienforscherin, Gründerin des Slow-Media-Instituts und Autorin des Buches „Die Sehnsucht nach dem nächsten Klick. Medienresilienz – wie wir glücklich werden in einer digitalen Welt“.
Ich habe das „Interaktionsmodell Digitaler Arbeitsschutz“ entwickelt. Es ist das Ergebnis von Feldstudien, um zu schauen, wie es sein kann, dass es vor allem in großen Konzernen Richtlinien gibt, dass man keine Medien außerhalb der Arbeitszeit nutzen muss und trotzdem alle das machen. Ich habe mich gefragt, wie kann das sein, dass Theorie und Praxis so weit auseinanderklaffen. Da haben wir genau die Kombination aus Verhaltens- und Verhältnisprävention.
Was bedeutet das?
Ob Sie ein gesundes mediales Klima in Ihrer Organisation haben, hängt von beidem ab: Es hängt ab von der Fähigkeit des Einzelnen, des Arbeitnehmers, dass er darauf vertraut, nicht am Montag vergessen zu sein, wenn er oder sie am Wochenende nicht die Dienst-E-Mails angeschaut hat. Die Fähigkeit, sich entziehen zu können, ist wichtig, das ist das Verhalten. Aber auch sich entziehen zu dürfen. Das sind die Verhältnisse: Es braucht Rahmenbedingungen in einer Organisation, damit der Einzelne das kann. Deswegen heißt es auch Interaktionsmodell. Beides muss zusammenwirken, dann gelingt Medienresilienz.
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