heute in bremen : „Ein Sieg für die Bürgerrechte“
Bürgerrechtler Rolf Gössner bilanziert die Aushöhlung des Grundgesetzes
taz: Herr Gössner, gestern hat das Bundesverfassungsgericht zwei Gesetze zur massenhaften Autokennzeichenkontrolle gekippt. Kommen Bürgerrechte wieder in Mode?
Rolf Gössner, Präsident der Internationalen Liga für Menschenrechte: Das Verfassungsgericht reagiert sehr sensibel auf die Zumutungen mancher Innenminister. Das zeigen die zahlreichen als verfassungswidrig verworfenen Gesetze der letzten Zeit.
Hat sich die Lage durch die jüngste Etablierung eines IT-Grundrechts verbessert?
Dieses „neue“ Grundrecht kann nur unter engsten Voraussetzungen eingeschränkt werden, so das Verfassungsgericht – und daran hat sich jeder Innenminister und Gesetzgeber zu halten. Das ist ein Sieg für die Bürgerechte.
Was erwarten sie von der Verfassungsklage gegen die Vorratsdatenspeicherung?
Als Erstbeschwerdeführer erhoffe ich mir zusammen mit den über 34.000 Klägern, dass die verdachtsunabhängige Massenspeicherung von Telekommunikationsdaten für unverhältnismäßig erklärt wird. Gerade eingedenk der letzten Entscheidungen sind wir optimistisch.
Sie sprechen heute über „Menschenrechte in Zeiten des Terrors“. Wie fällt ihre Bilanz aus?
Schlecht. Die Menschenrechte, wie sie im Grundgesetz stehen, gelten nach wie vor. Doch für einen demokratischen Rechtsstaat ist es bedrohlich, wenn Regierungen und Gesetzgeber diese Rechte, wie Serientäter, dreist verletzen.
Sie sind selbst Betroffener, da sie seit 38 Jahren vom Verfassungsschutz beobachtet werden und dagegen klagen.
Ein Urteil des Verwaltungsgerichts Köln ist noch nicht absehbar. Aber zwei Jahre nach Klageerhebung gibt es im Frühjahr die mündliche Verhandlung. Was herauskommt, weiß ich nicht. Doch dürfte dieser Skandal rekordverdächtig sein. Int.: mnz
Vortrag: 20 Uhr, Bonboncafé Neustadt