heute in bremen : „Mal nicht mit den Ohren kaufen“
Vielleicht staunt die Fachfrau, auch der Laie könnte sich wundern: Inkognito-Kunst
taz: Frau Seinsoth, wie finden Sie das aus Israel importierte „Inkognito“-Ausstellungskonzept der Sparkasse?
Brigitte Seinsoth, Galerie Beim Steinernen Kreuz: Ich war erst skeptisch. Aber dann fand ich es doch spannend, Kunst ohne Angabe der Künstler auszustellen und zum Verkauf anzubieten. Es kommt ja vor, dass die Leute mit den Ohren statt mit den Augen kaufen – also in erster Linie nach Namen gucken statt auf die Werke.
Nun wurde außerdem noch auf die Angabe von Preisen verzichtet. Im Rahmen der Ausstellung eines Geldinstituts erscheint das geradezu als paradoxe Intervention.
Auch das befördert den unbefangenen Blick. Die Sparkasse selbst betreibt im Übrigen einen sehr sorgfältigen Umgang mit Kunst, indem sie nicht nur ihre Zweigstellen entsprechend ausstattet, sondern jetzt auch einen sehr guten Führer durch die Bremer Kunstszene herausgegeben hat.
Was hat sie denn zunächst skeptisch sein lassen?
Ich hatte die Sorge, dass Kunst wohlmöglich wie beim billigen Jakob angeboten werden soll. Denn Kunst verkauft sich nicht durch Schnäppchenpreise, sondern durch ihre Inhalte. „Geiz ist geil“-Aktionen à la Mediamarkt funktionieren mit Kunst nicht.
Heute erfahren die Bieter die Identität der Künstler, deren Werke sie kaufen wollen, auch das hinter den Kulissen festgesetzte Mindestgebot. Erwarten sie Überraschungen?
Ich bin natürlich schon neugierig. Andererseits ist Bremen leider keine Kunstmarkt-Stadt, was nicht an der mangelnden Potenz der hiesigen Künstler liegt. Diesbezüglich brauchen wir uns wirklich nicht zu verstecken. Wir haben auch Gesellschaften wie die GAK oder das „Haus am Deich“, aber es gibt eindeutig zu wenig Galerien.
INTERVIEW: HENNING BLEYL
Öffentliche Bekanntgabe der Urheberschaften samt vielfältiger Kunstgespräche: 19 Uhr, Sparkasse Am Brill. Ausstellung noch bis Freitag