heute in bremen: „Diese Zahl ist geradezu lächerlich“
Marie Arndt, 32, ist Aktivistin der „Seebrücke Bremen“.
Interview Lea Schweckendiek
taz: Frau Arndt, Sie demonstrieren in dieser Woche jeden Tag vor einem anderen Konsulat: Italien, Niederlande und Malta. Warum?
Marie Arndt: Anlass für unsere Aktionswoche „#FreeTheShips“ ist, dass diese Staaten derzeit massiv repressiv gegen Seenotrettung vorgehen. Italien und Malta etwa halten ihre Häfen für Schiffe geschlossen, wenn sie gerettete Menschen an Bord haben.
Und die Niederlande?
Die Niederlande lassen derzeit durch verschiedene Ministerien prüfen, ob die „Sea Watch 3“ für den Aufenthalt einer größeren Anzahl Menschen über längere Zeit geeignet ist. Die Notwendigkeit, Gäste auf dem Schiff über Tage und Wochen zu versorgen, ist einzig Produkt der Blockadepolitik, die etwa Italien und Malta fahren. Noch 2018 haben Rettungseinsätze ein bis zwei Tage gedauert – heute sind es meist mehrere Wochen.
Was wünschen Sie sich von den Konsulaten, vor denen Sie demonstrieren?
Wir haben an jeden Konsul einen Brief verfasst. Wir wünschen uns, dass unsere Anliegen mit Nachdruck an betreffende Regierungen weitergeleitet werden, dass sich die Konsulate für menschenwürdige Seenotrettung einsetzen. Natürlich sind wir auch offen für Gespräche. Die Rückmeldungen aus den Konsulaten, die wir diese Woche besuchten, waren allerdings wenig positiv.
Heute stehen Sie vor der Bremischen Bürgerschaft. Was hat die damit zu tun?
Kundgebung: „Bremen als sicherer Hafen“, 16 Uhr, Marktplatz
Die EU blockiert die Aufnahme von Geflüchteten unter Anderem, weil sich die Staaten nicht auf eine tragfähige Verteilungslösung einigen können. Darauf ruht sich das Bundesministerium des Inneren aus, obwohl es diverse Aufnahmeangebote aus Städten, Kommunen und Ländern gibt. Diese Angebote werden ignoriert. Das Innenministerium mauert. Deshalb setzen wir auf kommunale Möglichkeiten, die auch Bremen ausschöpfen könnte.
Auf welche denn?
Das Land Bremen hat sich im Sommer zum sicheren Hafen erklärt, das heißt, die Bereitschaft zur Aufnahme von aus Seenot geretteten Menschen signalisiert. Im Januar kam dann das Angebot, zehn Überlebende aus dem Mittelmeer aufzunehmen. Diese Zahl ist geradezu lächerlich, daher fordern wir ein eigenes Landesaufnahmeprogramm für diese Menschen. Außerdem fordern wir, dass der Senat konkrete Schritte unternimmt, Bremen zu einem sicheren Ort für Geflüchtete zu machen. Das bedeutet für uns: medizinische Versorgung, Zugang zu Bildung, zum Wohnungs- und Arbeitsmarkt sowie Teilhabe am kulturellen Leben.
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