heute in bremen : In stillem Gedenken
CDU-Fraktionschef Perschau legt heute einen Kranz an das Grab von Karl Carstens. Das wirft Fragen auf
taz: Herr Perschau, heute vor 15 Jahren starb Altbundespräsident Karl Carstens. Welches sind seine größten Verdienste?
Hartmut Perschau, Vorsitzender der CDU Bürgerschaftsfraktion: (Schweigt)
Carstens wurde ja in Bremen geboren. Welche Rolle spielte er für die Bremer CDU?
(Sagt nichts)
Kritiker bezeichneten die Wahl Carstens zum Bundespräsidenten als „Gipfel der Nazi-Verdrängungskünste“. Was sagen Sie dazu?
(Schweigt weiter)
Im Munzinger-Archiv heißt es, Carstens sei ab 1940 lediglich „nominelles Mitglied“ in der NSDAP gewesen. Was unterscheidet ein nominelles von einem richtigen Mitglied?
(Antwortet nicht)
…aber Carstens war doch schon seit 1933 Mitglied der SA…
(Schweigt beharrlich)
Naja, 1933 ist dafür schon vergleichsweise früh …
(Kein Kommentar)
…und die SA war maßgeblich an der Reichspogromnacht 1938 beteiligt …
(Schweigt)
Also müsste man ihn als Widerstandskämpfer bezeichnen?
(Kein Kommentar)
Halten Sie heute eine Rede?
(Verrät noch nichts)
Carstens soll nach 1945 seine Position genutzt haben, um ehemalige NS-Funktionäre zu fördern. Seinem Rechtslehrer Bernhard Hinrichs hat er bestätigt, kein Nazi gewesen zu sein. Dabei war der während des Zweiten Weltkriegs Richter beim berüchtigten Sondergericht Bremen. Später wurde er hier Präsident des Oberverwaltungsgerichts. Wie bitte Herr Perschau, dazu wollen Sie nichts sagen? Na dann.
Fragen: Patt
CDU-Fraktionschef Hartmut Perschau und seine Stellvertreter standen leider nicht für ein Interview zu diesem Thema zur Verfügung. Antworten bekommen Sie vielleicht um 12.30 Uhr bei der Kranzniederlegung auf dem Riensberger Friedhof.