heute in bremen : „Das Gedicht kommt, wann es will“
Norbert Hummelt übersetzt T.S. Eliots „Waste Land“ online im virtuellen Literaturhaus Bremen
taz: Herr Hummelt, warum stellen Sie schrittweise die Neu-Übertragung eines bekannten Poems online – statt einen eigenen Zyklus zu produzieren?
Norbert Hummelt, Dichter: Vielleicht ist das auch einmal eine Option. Aber ich glaube, ein ganz neues Gedicht braucht eine Schonzeit vor der Veröffentlichung. Außerdem: Eine Übersetzung ist besser planbar.
Wieso?
Ich mache ja keine Prosa-Projekte. Gedichte unter so einem Zeitdruck zu schreiben…
… also dass jeden Freitag etwas Neues vorliegt…
… so ein festes zeitliches Korsett, das könnte ich mir für Lyrik nicht vorstellen. Das Gedicht kommt, wann es will. Beim Übersetzen ist ein sprachlicher Vorwurf schon da, der Originaltext liegt links neben dem Bildschirm. Außerdem ist The Waste Land sehr bekannt.
Das ist günstig?
Ja, für die Diskussionen.
Welche Art von Kommentaren erwarten Sie? Kritik an einzelnen Worten?
Ich denke, es wird in diese Richtung gehen. Vielleicht schalten sich auch Literaturwissenschaftler in die Debatte ein, man kann auch die neue Übersetzung mit den bekannten älteren vergleichen, und: Ich habe vor ein paar Jahren in Leipzig ein Übersetzungs-Seminar zu Waste Land gegeben. Möglicherweise melden sich also auch ehemalige Studierende.
In Ihren eigenen Gedichten findet man mitunter „das schärfere arom der mettwurst“ – aber kaum das Pathos des frühen 20. Jahrhunderts. Was reizt Sie an Eliot?
Also wenn man sich Waste Land genau anschaut, beispielsweise die Kneipenszenen, das ist doch ein sehr aufgebrochenes Pathos. Da ist viel Umgangssprache drin, viele Alltagsgegenstände. Das war ja vor 85 Jahren das Neue an dem Gedicht. Für mich ist Eliot der wichtigste Lyriker nichtdeutscher Sprache. Vieles hätte ich so nicht schreiben können, ohne ihn zu kennen. Aber als Leser sieht man das nicht unbedingt. FRAGEN: BES
Neue Verse ab heute jeden Freitag unter www.literaturhaus-bremen.de